Zwei Geschwisterhände bleiben frei
Ali verlor zwei seiner Kinder auf der Flucht / In Deutschland ist er trotzdem nur ein Fall von vielen
Das Schicksal einer gezeichneten irakischen Familie zeigt, wie unzulänglich die Behörden ihrer Schutzfunktion vor allem für Kinder nachkommen.
»Gute Nacht. Schlaf schön«, sagt Hawraa zu ihrem Bruder Hasan. Es sind einige der wenigen Worte, die die neunjährige Irakerin auf Deutsch sagen kann. Sie weiß, was die Worte, die ihr nur mühsam über die Lippen gehen, bedeuten, doch sie weiß auch, dass die anbrechende Nacht für ihren Bruder und sie nicht gut wird und dass sie nicht schön schlafen werden. Denn wenn die Lichter ausgehen, kommen die Bilder wieder.
»Vor allem nachts sehe ich alles genau vor mir: Das volllaufende Boot, den Schlepper, die Lichter an der Küste, die Angst. Die entsetzten Augen ringsum. Und ich höre alles wieder: Papas Schreie und Zainabs und Hussains Stimmen«, erzählt Hawraa. Zwei Jahre, nachdem ihre Mutter an Herzversagen gestorben war, wollte sie mit ihrem Vater Ali, ihrem älteren Bruder Hasan, ihrer vierjährigen Schwester Zainab und ihrem sechsjährigen Bruder Hussain vor Krieg und Gewalt fliehen. Doch Hussain und Zainab überlebten die Flucht nicht. Sie ...
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