Henkels Bildstörung
SPD-Fraktion zieht Videoüberwachungs-Plänen des Innensenators den Stecker
Gleich die erste Wortmeldung im Innenausschuss am Mittwoch hat es in sich. «Leider hat es zwischen den zwei Fraktionen keine Einigung gegeben», sagt der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Robbin Juhnke. Der Tagesordnungspunkt 2 «Zwanzigstes Gesetz zur Änderung des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (ASOG)» fliegt von der Tagesordnung. Wird nicht vertagt, sondern ersatzlos gestrichen.
Hinter der Änderung des ASOG, also des Polizeigesetzes, verbergen sich die Ausweitungspläne der Videoüberwachung von Innensenator Frank Henkel (CDU), der kurz vor knapp eine Rechtsgrundlage für die Überwachung im Öffentlichen Raum schaffen will. Im Senat hat Henkel vor kurzem dafür die Zustimmung des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD) erhalten. Doch bei den Innenexperten der SPD-Fraktion, beißt Henkel auf Granit. Auf einen Änderungsvorschlag der Sozialdemokraten, das Aufstellen der Kameras zu befristen und eine Evaluation durch unabhängige Wissenschaftler zuzulassen, wollte sich wiederum die CDU-Fraktion nicht einlassen.
Durch die Absetzung von der Tagesordnung sind Henkels Pläne hinfällig. Die SPD-Fraktion zieht dem Innensenator mit seinen Ausbauplänen endgültig den Stecker. «Die Ausweitung der Videoüberwachung ist für die Legislatur vom Tisch», bestätigte wenig später Henkels Pressesprecher auf nd-Nachfrage. Der Innensenator selbst erklärte: «Ich bedauere es sehr, dass wir das Gesetz zur Videoüberwachung nicht vor der Sommerpause beschließen.» Im Wahlkampf werde das Thema jedoch sicherlich eine Rolle spielen. «Die SPD steht nicht auf der Seite für mehr Sicherheit», sagte Henkel. Der Innensenator nutzte den Fehlschlag auch, um den Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) zu attackieren. Er habe die Autorität des Regierenden Bürgermeisters, in die SPD-Fraktion zu wirken, überschätzt, sagte Henkel.
Beim Koalitionspartner der CDU, der SPD, sah man das Scheitern der Videoüberwachung am Mittwoch gänzlich anders. «Der Innensenator hat den Gesetzentwurf zu spät in den Senat eingebracht. Dadurch war eine ordnungsgemäße Beratung im Parlament kaum noch sicherzustellen», sagte der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Frank Zimmermann. Die Verabschiedung des Gesetzes sei im Parlament am mangelnden Einigungswillen des Koalitionspartners gescheitert. «Wir unterstützen die Initiative des Senats, die Sicherheit an kriminalitätsbelasteten Orten zu unterstützen», sagte Zimmermann. Für einen befristeten Modellversuch, der wissenschaftlich ausgewertet werden soll, sei der Alexanderplatz dafür ein geeigneter Ort. Bei der SPD-Variante wollte wiederum die CDU nicht mitspielen. «Der Gesetzentwurf light der SPD war nicht meine Linie», sagte Henkel.
Das Scheitern der Überwachungspläne sorgte nach der Sitzung bei der Opposition für Partylaune. «Wir werden sicherlich noch Sekt trinken», sagte Christopher Lauer (parteilos, für Piraten) dem «nd». Der Innenexperte und der der Parlamentarische Geschäftsführer der Piratenfraktion, Heiko Herberg, hatten mit Hilfe der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses «Henkels Hauruck-Verfahren», wie es in einer Pressemitteilung der Piratenfraktion bezeichnet wurde, maßgeblich ausgebremst. Er sei überaus erfreut, «dass die SPD-Fraktion maßlosen Grundrechtseingriff verhindert hat», erklärte Herberg über den Kurznachrichtendienst Twitter.
Auch die Linksfraktion frohlockte angesichts einer «Sommerpause ohne flächendeckende Videoüberwachung». «Das Scheitern der Pläne ist die Bestätigung, dass das Verhältnis zwischen SPD und CDU völlig zerrüttet ist, sagte der Fraktionsvorsitzende der LINKEN, Udo Wolf, dem »nd«. Und: Es sei gut, dass die SPD diesen »Law-and-Order«-Populismus nicht mitgemacht habe, in den die CDU angesichts von unter 20 Prozent in den Umfragen verfallen sei.
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