V-Mann hat Verfassungsschutz-Zuträgerschaft »vergessen«

NSU-Prozess: Gericht schickte Zeugen wieder heim - soll sich besinnen

  • Lesedauer: 2 Min.
Ein führender Neonazi und mutmaßlicher Helfer der NSU-Terroristen bestreitet, als V-Mann tätig gewesen zu sein. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen ihn wegen Verdachts der Falschaussage.

München. Das Oberlandesgericht München hat im NSU-Prozess die Vernehmung des ehemaligen Neonazi-Anführers Marcel D. (Deckname »Riese«) nach juristischem Streit vorzeitig unterbrochen. Bereits die erste Frage des Richters wollte der Zeuge am Mittwoch nicht beantworten. Sie lautete, ob D. für den Verfassungsschutz arbeitete. Er berief sich auf sein Recht, sich nicht selber strafrechtlich belasten zu müssen. Bereits im vergangenen Jahr hatte D. im NSU-Prozess behauptet, er sei kein V-Mann gewesen. Ein V-Mann-Führer des Thüringer Verfassungsschutzes sagte dagegen, er selber habe ihn als Zuträger geführt. Die Bundesanwaltschaft zeigte D. daraufhin bei der Staatsanwaltschaft München I wegen des Verdachts der Falschaussage an.

D. war Schatzmeister der rechtsradikalen Organisation »Blood & Honour«, die 2000 verboten wurde. Mitglieder der Gruppe sollen das NSU-Trio nach dessen Abtauchen 1998 bei sich versteckt und versucht haben, Waffen, Geld und eine Flucht ins Ausland zu organisieren. In den Folgejahren sollen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt zehn Menschen aus überwiegend rassistischen Gründen ermordet und zwei Sprengstoffanschläge verübt haben. Als einzige Überlebende des NSU-Trios ist Beate Zschäpe für diese Taten angeklagt.

Nach längerem Disput unterbrach das Gericht die Vernehmung D.s. Dabei ging es um die Frage, ob D. nach seiner letzten Aussage bereits formell aus dem Zeugenstand entlassen worden war oder nicht. Sollte das der Fall sein, wäre die mutmaßliche Falschaussage für ihn nicht mehr zu korrigieren. Sollte er nicht entlassen sein, könnte er sie korrigieren und bliebe straffrei.

Der Vorsitzende Richter Manfred Götzl sagte: »Ich habe den Zeugen nicht entlassen.« Mehrere Anwälte der Nebenklage sahen das auch so. Einer der Verteidiger des mitangeklagten Ralf Wohlleben erklärte dagegen, laut seiner Mitschrift sei der Zeuge sehr wohl entlassen gewesen. Ein Vertreter der Bundesanwaltschaft meinte, D. dürfe nach seiner Rechtsauffassung die Aussage verweigern.

Fraglich ist noch immer, wie viel die Hauptangeklagte von den Morden der NSU-Terroristen wusste. Verräterisch ist nach Angaben eines Ermittlers ihr Fingerabdruck auf einem verdächtigen Zeitungsartikel. Der Artikel sei in einem Video des sogenannten Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) verwendet worden, sagte ein Beamter zu Wochenbeginn des Bundeskriminalamts als Zeuge in München.

Bei dem Video handelt es sich nicht um das bekannte »Paulchen-Panther«-Bekennervideo, sondern um eine frühere Version, die nicht verschickt wurde und auf Datenträgern des NSU gespeichert war. Der Artikel stammt aus einer Ausgabe der Münchner Zeitung tz von 2001. Er behandelt den Mord an dem Einzelhändler Habil Kılıç im Stadtteil München-Ramersdorf. Zschäpes Fingerabdruck befinde sich am oberen Seitenrand, sagte der Ermittler. dpa/nd

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