EU plant in Migrationskrise neue Pakte mit Drittstaaten

Gipfelerklärung orientiert darauf, dass afrikanische Länder Flüchtlinge zurücknehmen / Pro Asyl kritisiert Vorhaben der Unionsstaaten

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Im Zentrum des EU-Gipfels stand zwar der Austritt Großbritanniens. Doch im Schatten der Brexit-Debatte wurden auch Weichen in der Migrationspolitik gestellt.

Brüssel. Nach dem Flüchtlingspakt mit der Türkei will die EU mit weiteren Ländern vor allem in Afrika Abkommen schließen, um die Migration zu bremsen. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini solle alles vorbereiten, »damit vor Jahresende die ersten Migrationspakte geschlossen werden können«, erklärten die europäischen Staats- und Regierungschefs in der Nacht zum Mittwoch in Brüssel. Ein Hauptziel bestehe in der »zügigen operativen Rückführung irregulärer Migranten«, heißt es in der Erklärung des EU-Gipfels. »Im zentralen Mittelmeerraum hat der Zustrom von Migranten, bei denen es sich vorwiegend um Wirtschaftsmigranten handelt, im Vergleich zum letzten Jahr nicht abgenommen«, so die Staats- und Regierungschefs. Hier sollen die neuen Abkommen ansetzen.

Die Union will sich dabei vom Plan der EU-Kommission vom 7. Juni leiten lassen. Demnach sollen Drittstaaten wie Nigeria und Äthiopien Flüchtlinge, die in die EU gelangt sind, wieder zurücknehmen und ihre Grenzen besser sichern. Kooperationsbereite Länder sollen mit Finanzhilfen unterstützt werden. »Ebenso muss es Konsequenzen für diejenigen geben, die bei der Wiederaufnahme und Rückführung nicht kooperieren«, heißt es in den Vorschlägen von Anfang Juni.

Die EU will daneben die Ursachen von Migration wie etwa Arbeitslosigkeit in den Herkunftsländern stärker angehen. Dafür hat die Kommission unter anderem vorgeschlagen, private Investitionen in jenen Ländern durch öffentliche Garantien abzusichern. In der Gipfelerklärung wird die EU-Kommission nun von den Staats- und Regierungschefs aufgefordert, bis September eine Investitionsoffensive für Drittländer vorzubereiten.

Pro Asyl kritisierte den Ansatz scharf. »Wir können als Europäer nicht die Augen davor schließen, dass wir in der Welt es mit Flucht zu tun haben und die Menschen Schutz brauchen«, sagte Geschäftsführer Günter Burkhardt im Deutschlandfunk. »Jetzt versucht man, sich freizukaufen und andere Staaten aufzurüsten nach dem Motto «Aus den Augen aus dem Sinn», sollen doch andere sich mit Flüchtlingen herumschlagen, Hauptsache nicht wir Europäer.« Burkhardt verwies als Beispiel auf die Militärdiktatur in Eritrea, von wo immer wieder Menschen nach Europa fliehen. Diese Flüchtlinge sollten nun in anderen afrikanischen Ländern abgefangen werden. Dies könne dazu führen, »dass Deserteure der eritreischen Armee in den Folterlagern landen«.

Auch »Ärzte ohne Grenzen« lehnte den Ansatz ab. epd/nd

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