Grünes Licht für Braunkohle-Deal

Schweden erlaubt Vattenfall den Verkauf der Lausitzer Tagebaue und Kraftwerke an EPH / Kritik kommt von Grünen und Umweltverbänden

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 4 Min.

Die schwedische Regierung hat dem Staatskonzern Vattenfall grünes Licht gegeben. Er darf seine deutsche Braunkohlesparte in der Lausitz an die tschechische Energetický a Průmyslový Holding (Energie- und Industrieholding – kurz: EPH) und an deren Finanzpartner PPF Investments veräußern. »Der Verkauf soll zum 31. August 2016 vollzogen werden«, teilte Vattenfall-Sprecher Stefan Müller am Sonnabend mit. Die EU-Kommission müsse allerdings noch eine kartellrechtliche Freigabe erteilen.

Die Zustimmung der schwedischen Regierung zu dem umstrittenen Deal kommt nicht überraschend. Mit dem Segen der EU-Kommission wird gerechnet. Zwar würde die EPH, der bereits die Mitteldeutsche Braunkohle AG (MIBRAG) im Raum Halle-Leipzig gehört, mit der Übernahme des Lausitzer Reviers eine dominante Stellung in der ostdeutschen Braunkohleindustrie einnehmen. Eine insgesamt marktbeherrschende Stellung in der sowieso schon von einigen wenigen großen Konzernen kontrollierten Energiewirtschaft der Bundesrepublik hätte sie damit aber nicht.

In Schweden stammt inzwischen mehr als die Hälfte der verbrauchten Energie aus erneuerbaren Quellen. Insbesondere Wasserkraftwerke, aber auch Windräder und Biomasse liefern Strom und Wärme. Die klimaschädliche Braunkohle hat dort einen schlechten Ruf. Darum liegt es für Vattenfall nahe, die Tagebaue in der Lausitz abzustoßen. Die schwedische Vänsterpartiet (Linkspartei) forderte zwar, dass Vattenfall nicht verkauft und die Energiewende in der Lausitz selbst mitgestaltet. Doch diese Partei hat nur eine kleine Fraktion im Reichstag in Stockholm und kann ihren Willen nicht durchsetzen.

So kommt es nun offenbar, wie es kommen musste. Für Brandenburgs Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (SPD) ist dies eine »gute Nachricht«. Er begrüßte, vorbei sei nun endlich »die Unsicherheit für die Kohlekumpel, ihre Angehörigen und die Beschäftigten der Zulieferbetriebe«. Ähnlich äußerte sich Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD). Brandenburgs CDU-Fraktionschef Ingo Senftleben freute sich: »Das ist eine wichtige Entscheidung für das Lausitzer Revier und die Kumpels.«

Das sieht René Schuster von der Grünen Liga anders. »Die Chance, Klarheit über einen schrittweisen Kohleausstieg zu schaffen und die Bedrohung von Dörfern wie Proschim endlich zu beenden, wurde vertan«, sagte Schuster. »Jetzt leben Bewohner wie Tagebaubeschäftigte weiter in Unsicherheit, weil ihr Schicksal vom Strommarkt und von Gerichtsentscheidungen abhängen kann.« Sachsen, Brandenburg und der Bund müssten nach Schusters Ansicht »jetzt alle Möglichkeiten nutzen, um die langfristigen Folgekosten der Tagebaue nicht dem Steuerzahler aufzubürden«. Das Geld für die Rekultivierung müsste »absolut sicher hinterlegt sein, bevor Gewinne in die Taschen der Oligarchen fließen dürfen«. Auch die Bundestagsabgeordnete Eva Bulling-Schröter (LINKE) sagte, auf keinen Fall dürfe die öffentliche Hand auf den Kosten für Bergbauschäden sitzenbleiben.

Die Landtagsabgeordnete Heide Schinowsky (Grüne) rechnete vor: »Schweden senkt hiermit zwar bilanziell seine CO2-Emissionen, tatsächlich wird so jedoch kein einziges Gramm CO2 eingespart. Das ist kein Klimaschutz, sondern Augenwischerei.« Unklar sei, wie lange EPH bleibe, so Schinowski, denn die tschechische Holding setze darauf, dass die Erlöse aus Kohlekraftwerken nach dem Atomausstieg anziehen werden. Sollte diese Wette nicht aufgehen, drohe der Rückzug, wie der Blick auf das englische Kohlekraftwerk Eggborough zeige. Die Tarifverhandlungen von EPH in der Slowakei machen laut Schinowsky zudem deutlich, dass sich neben den Bewohnern bedrohter Dörfer auch die Kohlekumpel und Kraftwerker keineswegs sicher fühlen können. »Dort versucht die Finanzholding aktuell, die Löhne zu drücken und Sonderleistungen zu streichen«, erklärte die Abgeordnete.

Auch die Umweltschutzorganisation Greenpeace kritisierte den geplanten Verkauf. »Vattenfalls schmutziges Braunkohlegeschäft feige weiterzureichen, ignoriert wissenschaftliche Erkenntnisse«, hieß es in einer am Samstag in Hamburg verbreiteten Erklärung. Wenn die auf der Weltklimakonferenz von Paris vereinbarten Ziele erreicht werden sollten, müsse ein Großteil der Kohle im Boden bleiben. Greenpeace erklärte, die Bundesregierung dürfe dem Verkauf nicht tatenlos zusehen. Es dürfe keine neuen Tagebaue mehr geben, und bis 2030 müsse Deutschland aus der Kohle aussteigen. »Beides wird sich mit EPH als Investor nicht umsetzen lassen«, hieß es in dem Statement. Die Bundesregierung solle den Verkauf stoppen und die Braunkohlesparte von Vattenfall in eine staatliche Stiftung überführen. mit Agenturen

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