Müller fordert Deeskalation in der Rigaer Straße
Regierender Bürgermeister fordert, neben Polizeimaßnahmen auch Gespräche mit Linksradikalen auszuloten
Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) hat am Montag auf einer Wahlkampfveranstaltung für Gespräche im Konflikt mit den Bewohnern des Hausprojekts in der Rigaer Straße 94 geworben. »Deeskalation hat am 1. Mai doch auch geklappt«, sagte der Regierende Bürgermeister zu Journalisten. Auch der Innenexperte der Piratenfraktion, Christopher Lauer, hatte am Montag im »Inforadio« gefordert, die anhaltende Gewaltspirale zwischen Aktivisten und Polizei zu durchbrechen: »Man muss sich mit diesen Leuten dort vor Ort, auch mit den Anwohnerinnen und Anwohnern, die da in diesem Gebiet in der Rigaer Straße wohnen, mal hinsetzen und sich mal auf ein paar neue Spielregeln einigen, um da langfristig zu deeskalieren.« Es solle über ein Nutzungskonzept mit ihnen verhandelt werden. Im Gegenzug müssten die Brandstiftungen an Autos und Angriffe auf Gebäude aufhören.
Der parteilose Politiker hatte in dem Gespräch Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) vorgeworfen, die Situation rund um die Rigaer Straße aus wahltaktischen Gründen bewusst auf die Spitze zu treiben: »Das ist eine politisch gewollte Eskalation von Frank Henkel. Er hat ein Interesse daran, jetzt noch mal im Wahljahr den Macker machen zu können und zu sagen: ›Schlimm, schlimm, Linksextremismus‹.« Lauer betonte, dass das massive Vorgehen der Polizei nur zu weiteren Gewalttaten seitens der autonomen Szene führe.
Dass es bisher keine politische Einigung gebe, sei vor allem die Schuld der CDU, sagte der parteilose Politiker. Die Gewalt, die auch er verurteile, so Lauer, werde von der CDU »dazu benutzt, alle Parteien, die links im politischen Spektrum zu verorten sind, zu diskreditieren, weil immer die Unterstellung im Raum steht, man würde das irgendwie billigen. Das ist Quatsch.«
Innensenator Henkel wies die Kritik von Lauer vehement zurück. »Ich bin fassungslos, dass jemand allen Ernstes fordert, über die Einstellung von Brandanschlägen zu verhandeln. Der Rechtsstaat ist nicht verhandelbar«, teilte der Politiker am Montag mit. »Wir brauchen eine klare Abgrenzung gegen linke und rechte Gewalt. Was wir nicht brauchen, sind Anreizsysteme für Extremisten.« Laut Henkel wäre es eine fatale Botschaft, wenn der Staat erst etwas anbieten müsse, damit Straftaten aufhören. »So funktioniert unser Rechtsstaat nicht.«
Die Bewohner der »Rigaer 94« kündigten unterdessen auf ihrem Blog weitere Militanz an. »Dezentral müssen die Aktionen, egal auf welchem Niveau, vermehrt werden und das Terrain international ausgeweitet werden. Wir wollen einen schwarzen Juli«, heißt es dort. Bereits für die kommenden Tage wird zu Unterstützungsaktionen aufgerufen. Für Montagnachmittag hatten Geflüchtete aus unterschiedlichen Heimen, die der Gruppe »Stop Deportation« angehören, eine Solidaritätsdemonstration angekündigt.
Der für Dienstag geplante Termin am Berliner Landgericht zur Klärung der Rechtmäßigkeit der Räumung des Erdgeschosses des Hausprojektes einschließlich der Kneipe »Kadterschmiede« in der Rigaer Straße 94 wurde derweil »aus dienstlichen Gründen« aufgehoben. Bewohner wollten per Eilverfahren die Räume zurückerhalten und Umbauarbeiten des Eigentümers stoppen. Ein neuer Termin sei »nicht absehbar«, hieß es vom Gericht. Für Samstag riefen Unterstützer zu einer weiteren Solidaritätsdemonstration auf. Personalie Seite 4
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