Zu viel Arbeit für Freizeit

Jeder dritte Arbeitnehmer lässt laut DGB-Umfrage Urlaubstage verfallen

  • Lesedauer: 3 Min.
Jeder dritte Arbeitnehmer in Deutschland verzichtet laut einer Studie auf Urlaubstage - besonders, wenn sie Sorge um den Verlust ihres Jobs haben.

Berlin. Jeder dritte Arbeitnehmer lässt einer Umfrage zufolge Urlaubstage verfallen. Hauptgrund dafür sei die Sorge vor einem Jobverlust, teilte der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) am Donnerstag mit. Am stärksten verbreitet ist ein solcher Verzicht demnach in Reinigungs- und Bauberufen, am geringsten in Dienstleistungsbereichen wie Werbung, Marketing oder Öffentlichkeitsarbeit. Vor allem wer viel arbeitet, schöpft laut DGB seinen Urlaubsanspruch häufig nicht voll aus, obwohl er Erholung vermutlich dringend nötig hätte.

»Wie häufig kommt es vor, dass Sie zugunsten der Arbeit auf Urlaubstage verzichten?«, fragte der DGB knapp 4700 Beschäftigte, die pro Woche zehn Stunden oder mehr arbeiten - quer durch alle Branchen, Einkommens- und Altersgruppen. Die Frage war Teil der Erhebung für den DGB-Index »Gute Arbeit 2015« und förderte zu Tage, dass 33 Prozent bereits auf Urlaubstage verzichtet haben.

Zwischen Altersgruppen und den Geschlechtern gab es dabei aber keine großen Unterschiede - dafür aber zwischen unterschiedlichen Berufsgruppen. Von den befragten Beschäftigten aus der Reinigungsbranche gab demnach jeder zweite an, auf Urlaubstage zu verzichten. Bei Berufen in der Baubranche - vom Planer, Architekten bis zum Beschäftigten im Tiefbau - gibt der DGB die Quote mit 45 Prozent an.

Zudem geht aus der Analyse hervor, dass vor allem Höherqualifizierte, Arbeitnehmer in Leitungspositionen und Beamte häufig auf Urlaub verzichten - genau wie Beschäftigte, die ständig erreichbar sein oder unbezahlt Überstunden leisten müssen. Während von den Vollzeitbeschäftigten mit 35 Prozent gut jeder Dritte Urlaubstage verfallen ließ, waren es bei den Teilzeitbeschäftigten mit 28 Prozent deutlich weniger.

Der DGB sieht zudem einen Zusammenhang zwischen Urlaubsverzicht und Arbeitsbelastung: Je länger die wöchentliche Arbeitszeit sei, desto häufiger werde auf Urlaub verzichtet, erklärte die Gewerkschaft. So habe jeder Zweite, der 48 Stunden oder mehr in der Woche arbeitet, Anspruch auf Ferientage verfallen lassen. Bei einer Wochenarbeitszeit von bis zu 20 Stunden betreffe es nur jeden Vierten. Gründe für Urlaubsverzicht sind laut DGB oftmals Sorgen um den Arbeitsplatz oder die berufliche Zukunft. »Die Arbeitszeit wird über das vereinbarte Maß hinaus verlängert, um Ziele erreichen und Arbeitsvorgaben bewältigen zu können«, resümiert die Gewerkschaft.

DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach mahnte die Arbeitgeber, sie müssten dafür Sorge tragen, dass die Beschäftigten ihren Urlaub auch nehmen könnten. »Gerade bei großem Arbeitsdruck ist die Erholung im Urlaub noch wichtiger, um gesund zu bleiben«, erklärte sie.

Laut Bundesurlaubsgesetz hat jeder Arbeitnehmer Anspruch auf mindestens 24 Werktage »bezahlten Erholungsurlaub«. Er muss in einem Kalenderjahr genommen werden, kann aber in Ausnahmefällen auch auf die ersten drei Monate des Folgejahres übertragen werden. Agenturen/nd

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