Land ohne Brenntage
In Thüringen sind Abfallfeuer in Gärten seit Januar verboten - wird nun mehr illegal entsorgt?
Erfurt. Seit Jahresbeginn dürfen in Thüringen landesweit Baum- und Strauchschnitt nicht mehr auf Grundstücken verbrannt werden. Die meisten Thüringer halten sich an das Verbot der Brenntage. Einer dpa-Umfrage unter den Landkreisen zufolge liegen den Behörden jedoch bislang mindestens 44 Anzeigen vor, weil in Gärten illegal ein Feuer brannte. Besonders viele Verstöße flogen im Saale-Holzland-Kreis auf. Dort schritten die Ämter im ersten Halbjahr 14 Mal ein. Es seien Verwarn- und Bußgelder ausgesprochen worden, sagte eine Sprecherin. In den Kreisen Nordhausen gab es sieben und Sömmerda sechs Anzeigen.
Vielen Ämtern sind jedoch keine oder nur sehr wenige Verstöße gemeldet worden. Die Behörden befürchten deshalb, dass es mehr illegale Entsorgungen gibt. Nach einer ersten Bilanz der Kreise ist bislang kein drastischer Anstieg bemerkt worden. »Fälle illegaler Entsorgung von Pflanzenabfällen kommen immer wieder vor«, sagte Christina Büller vom Landratsamt im Ilm-Kreis. Den Behörden lägen mehrere schriftliche und mündliche Anzeigen dazu vor. Vermehrt würden Säcke mit Grün- und Grasschnitt an Container-Standorten für Kunststoffe abgestellt.
Im Eichsfeld sind dem Landratsamt vier Fälle bekannt geworden. Im Kreis Gotha waren es zwei. »Damit sind im Umweltamt nicht mehr Anzeigen eingegangen als in den Vorjahren, als es noch Brenntage gab«, erklärte Sprecher vom Landkreis Gotha, Adrian Weber. Er vermutete allerdings, dass illegal entsorgter Sperrmüll oder Bauschutt eher angezeigt wird als Grünabfall. »Viele Bürger scheinen die Ablagerung von Grün- und Grasschnitt in der Landschaft als legitim zu erachten«, sagte auch IlmKreis-Sprecherin Büller. Genaue Zahlen lagen ihr jedoch nicht vor.
Der Kreis Gotha hat nach Behördenangaben seit Januar fünf Kubikmeter Grünschnitt entfernt, den Unbekannte unerlaubt hinterlassen haben. Im gleichen Zeitraum 2015 seien es 8,3 Kubikmeter gewesen. Die Behörden im Wartburgkreis kennen ebenfalls solche Probleme: Pflanzenabfälle seien in der Vergangenheit immer wieder in Gräben in der Nähe von Kleingärten oder im Wald zu finden gewesen, erklärte Sprecherin Sandra Blume. Eine leichte Zunahme »scheint sich jedoch schon anzubahnen«. Im Herbst fallen laut Blume mehr Gartenabfälle an als im Frühjahr, »so dass die Auswirkungen des Verbrennungsverbots wahrscheinlich erst am Ende dieses Jahres deutlicher erkennbar sein werden«. Der Verzicht auf die sogenannten Brenntage, die in der Vergangenheit von den Kreisen festgelegt wurden, sorgte landesweit für Kontroversen. Die CDU hatte im Landtag versucht, das Verbot zu kippen - vergeblich. Die Kreise richteten als Reaktion auf die Verordnung von Umweltministerin Anja Siegesmund (Grüne) mehr Sammelstellen ein. Die Ministerin hatte seinerzeit zum Verbot erklärt: »Pflanzenabfälle sind kein Müll. Sie sollen und können weiter verwertet werden.« So könnten Bioabfälle zu Kompost weiterverarbeitet oder in Biogasanlagen energetisch genutzt werden. Auch werde »das Klima geschont und der Nachbar nicht mit Qualm belästigt.«
Im Kreis Schmalkalden-Meiningen gibt es nach den Worten eines Sprechers 72 Annahmestellen für Grünschnitt. Dort dürften pro Person und Jahr 100 Kilogramm abgegeben werden. Im Kyffhäuserkreis sind es sechs Stellen. Das Landratsamt sei im Gespräch mit weiteren Kommunen, um das Netz auszuweiten, hieß es aus dem Umweltamt. Im Eichsfeld werden die 15 Anlaufstellen »nach unserer bisherigen Erfahrung sehr gut angenommen«, sagte Sprecherin Ingelore Hennecke.
Ob auf die Kreise höhere Kosten zukommen, lasse sich noch nicht abschätzen, hieß es in vielen Landratsämtern. »Mit höheren Kosten wegen Mehrmengen ist ab diesem Jahr zu rechnen«, war sich Ursula Tunze vom Landratsamt Sömmerda dagegen schon sicher. dpa/nd
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