Ägypten und Israel auf Annäherung

Außenminister Schukri bei Regierungschef Netanjahu

  • Oliver Eberhardt, Tel Aviv
  • Lesedauer: 3 Min.

Monatelang hatten Beamte der Regierungen Israels und Ägyptens geredet: über Zusammenarbeit, über die Lage im Nahen Osten. Und dann ging alles ganz schnell. Am Sonntagmorgen kündigte der ägyptische Außenminister Samech Schukri an, er werde nun nach Israel fliegen, kurze Zeit später saß er in der Maschine. Und am Nachmittag und am Abend dann insgesamt vier Stunden lang Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu gegenüber. »Manche Dinge muss man ganz oben klären«, sagt ein Außenamtssprecher in Kairo.

»Die derzeitige Situation ist weder stabil noch nachhaltig«, sagte Schukri vor seinem ersten Gespräch mit Netanjahu, der derzeit auch das Amt des Außenministers innehat. »Die Lage im Nahen Osten wird durch den Terrorismus zunehmend wechselhafter und gefährlicher und stellt eine Bedrohung für die Menschen in der Region, aber auch in der gesamten Welt dar.« Es sei deshalb »nicht mehr akzeptabel zu sagen, dass der Status quo das Beste ist, was Israelis und Palästinenser erreichen können.«

Netanjahu, der neben ihm stand, israelische und ägyptische Fahnen hinter den beiden, lächelte indes warm, und verbreitete im Raum das Gefühl, dass im Hintergrund etwas geschieht. Es war der erste Besuch eines hochrangigen ägyptischen Politikers seit neun Jahren. 1979 hatte Ägypten als erstes arabisches Land einen Friedensvertrag mit Israel unterzeichnet. Doch das Verhältnis war stets kühl, und in den vergangenen Jahren sogar eisig kalt. Mehrmals rief Ägypten in den vergangenen Jahren seine Botschafter aus Tel Aviv zurück; 2011 wurde die israelische Botschaft in Kairo von einer Menge gestürmt.

Doch mittlerweile kooperieren vor allem die Sicherheitsbehörden eng, tauschen Informationen über gewaltbereite kriminelle und politische Gruppierungen auf der Sinai-Halbinsel aus; Israel akzeptiert auch, dass dort das ägyptische Militär frei agiert.

Nun beansprucht Ägyptens Regierung eine Führungsrolle im Friedensprozess, und Israelis und Palästinenser scheinen dazu geneigt, sie Kairo zuzugestehen. »Die ägyptische Regierung kennt unsere Bedürfnisse sehr genau«, sagt Jitzhak Levanon, der von 2009 bis 2011 Botschafter in Kairo war. Und Palästinas Chefunterhändler Saeb Erekat meint: »Eine Vermittlung durch Kairo, die alle Aspekte mit einbezieht, ist etwas, zu dem wir nicht Nein sagen.«

So brachte Schukri am Sonntag »vertrauensbildende« Einzelgespräche zwischen Netanjahu und Palästinas Präsident Mahmud Abbas ins Gespräch. Solche Gespräche seien der erste Schritt, um einen Frieden zu erreichen - klare Absage an eine Initiative Frankreichs, die für die zweite Jahreshälfte eine Konferenz mit israelischer und palästinensischer Beteiligung vorsieht mit dem Ziel, einen festen Zeitplan durchzusetzen. Netanjahu lehnt das aber ab, während Abbas bislang gegen direkte Gespräche war.

Allerdings hat Kairo auch einiges anzubieten: So wurde am Sonntag über Lösungen für den Gaza-Streifen gesprochen. Ägyptisches Sicherheitspersonal könnte dort die Kontrollen an einem noch zu bauenden Hafen übernehmen. Kommentar Seite 4

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