Der neue Mr. Brexit
Boris Johnson ist Großbritanniens neuer Außenminister
Boris Johnson war das Gesicht der Kampagne für den britischen EU-Austritt. Er war Mr. Brexit - bis zu seinem überraschenden Verzicht, Nachfolger von David Cameron zu werden. Jetzt kehrt er als Außenminister in das Kabinett von Theresa May zurück. Doch er wird die Suppe, die er Großbritannien mit dem »Leave«-Votum eingebrockt hat, nicht auslöffeln müssen. Denn eigens für die Austrittsverhandlungen mit der EU wurde ein neues Ministerium geschaffen. Geleitet wird es vom Tory-Veteranen David Davis. Er ist der neue Mr. Brexit.
Mit der EU hat der 67-Jährige durchaus seine Erfahrungen. Von 1994 bis 1997 war er Europaminister der Regierung John Major. Seine Haltung zur EU: skeptisch bis ablehnend. Man nannte ihn in Brüssel »Monsieur Non«. Seine politische Grundeinstellung: konservativ bis erzkonservativ. Allerdings: Der Sohn einer alleinstehenden Mutter und Bildungsaufsteiger überraschte immer wieder mit »linken« Abweichungen. 1992 sagte er, als im britischen Parlament über den Maastricht-Vertrag diskutiert wurde, nicht »Nein«, sondern »Ja«. 2003 schlug er die Wiedereinführung der Todesstrafe vor. Und fünf Jahre später protestierte er mit der Rückgabe seines Mandates gegen die Aushöhlung von Bürgerrechten durch die Labour-Regierung.
Zweimal war der Reservist einer Eliteeinheit der britischen Armee Kandidat für den Parteivorsitz der Tories. 2001 wurde er nur vierter, 2005 missglückte ihm eine Rede, und er unterlag als Favorit David Cameron.
Im Brexit-Wahlkampf war der Molekular- und Computerwissenschaftler und langjährige Manager eines Zuckerkonzerns prominentes Aushängeschild der »Leave«-Kampagne. Wie der Abschied von der EU wirtschaftlich aussehen könnte, verriet Davis bereits: »Handelsabkommen. Steuersenkungen. Und Zeit nehmen, bevor Artikel 50 ausgelöst wird«. Vor Anfang nächsten Jahres werde der Startschuss für die Austrittsverhandlungen wohl nicht fallen. Schon jetzt dürfte mehr als ein »Non« gefragt sein.
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