Semana Roja

»Rote Woche« auf Palma. Von Christine Wittrock

  • Christine Wittrock
  • Lesedauer: 4 Min.

Es war in Spanien wie überall auf der Welt: Wenn sich das Kapital durch Demokratie, Gewerkschaften, Linke bedroht fühlt, greift es zum Faschismus, zur Diktatur, zum Terror. Am 18. Juli 1936 begann mit der »Semana Roja«, der »Roten Woche«, auch auf der kleinen Kanareninsel La Palma der Widerstand gegen den Staatsstreich des General Franco.

In Tazacorte, einem kleinen Fischerort auf La Palma, das damals etwa 3000 Einwohner zählte, hatte der »Bloque de Izquierdas«, der linke Block, bei den Wahlen im Februar ’36 über 72 Prozent der Stimmen errungen. Bei der 1. Mai-Demonstration marschierten hier mehr Menschen unter roten Fahnen als der Ort Einwohner hatte. Die arbeitende Bevölkerung schöpfte Hoffnung und die herrschende Klasse bekam Angst.

Schon einige Jahre zuvor hatte ein katholischer Priester in der Inselhauptstadt Santa Cruz eine Gruppe der faschistischen Falange gegründet. Sie witterte ihre große Stunde, als General Franco im Bündnis mit Klerus, Großgrundbesitzern und Monarchisten gegen die demokratisch gewählte Regierung in Madrid putschte. Man hatte sich die Sache allerdings einfacher vorgestellt; er entfachte damit einen dreijährigen blutigen Bürgerkrieg.

Die »Frente Popular« zögert nicht, organisiert sofort den Widerstand: Sie reaktiviert die Volksmilizen, setzt die örtliche Polizei, die Guardia Civil, sicherheitshalber im Gefängnis von Santa Cruz fest und ruft zum Generalstreik auf. Am 22. Juli erreicht das Kriegsschiff »Galatea« La Palma, fährt jedoch unverrichteter Dinge nach Teneriffa weiter. Am nächsten Tag schickt der Oberbefehlshaber von Gran Canaria zwei Telegramme an die republikanischen Behörden der Insel mit dem Befehl, die Staatsgewalt an die Armee abzutreten.

Zwei Tage später, am 25. Juli 1936, wird das Kanonenboot »Canalejas«, von Gran Canaria kommend, vor Santa Cruz gesichtet. Es beschießt die Insel und legt im Hafen der Hauptstadt an. Francos Interventionstruppen besetzen die Stadt und übernehmen Befehlsgewalt. Die Linken ziehen sich in die Berge zurück. Dann beginnt die Jagd auf alle, die den Putschisten verdächtig sind: Lokale Politiker der Republik werden erschossen oder in Gefängnisse und Folterkammern verbracht. Auf Teneriffa und Gran Canaria werden KZ mit Hinrichtungsstätten errichtet.

Etwa 400 Opfer forderte der Bürgerkrieg auf La Palma. Viele Palmeros werden verschleppt, manche landeten in deutschen KZ wie Mauthausen.

Einige Zeit nach Francos Tod 1975 begannen Angehörige von den auf der Insel Ermordeten nach Überresten ihrer Verwandten zu suchen, so nach den 13 im Wald bei Fuencaliente im Januar 1937 Ermordeten. Mit Hacke und Schaufel grub man dort die Überreste von sieben Leichen aus. Sie wurden im Februar 2011 in Urnen unter den Farben der Republik (rot-gelb-purpur) beigesetzt.

Franco konnte mit Hitlers und Mussolinis Hilfe den Bürgerkrieg gewinnen und im Sinne der alten Mächte das Land annähernd 40 Jahre unter seiner Knute halten. Auswanderung, etwa nach Mittelamerika, als eine Möglichkeit, der Armut und Repression in Spanien zu entfliehen, ließ der Diktator verbieten. Denn die Großgrundbesitzer brauchten billige Arbeitskräfte. Die Kirche blieb der zuverlässigste Verbündete des franquistischen Regimes, das Tausende Todesurteile sprach und mit der mittelalterlichen Garotte vollzog. Franco selbst starb schließlich im Bett, obwohl viele ihm einen anderen Tod gewünscht hatten.

Für seine Nachfolge hatte er die Wiedereinführung der Monarchie vorgesehen, also das bourbonische Königshaus, das Spanien bis zur Republik 1931 regiert hatte. Er hatte den Thronfolger Juan Carlos an verschiedenen Militärakademien ausbilden lassen. 1975 wurde Francos Zögling auf den Thron gehievt. Jedoch, es haftete ihm zu viel von der Vergangenheit seines Mentors an. Dieses Image-Problem konnte nur behoben werden, wenn der neue Monarch von Francos Gnaden - im Volk als »Don Pelele« verspottet - Gelegenheit hätte, seine Demokratie-Tauglichkeit unter Beweis zu stellen. Ein operettenhafter Putschversuch 1981 im spanischen Parlament, den die Welt vor laufenden Kameras mitverfolgen konnte, sollte dem neuen König Gelegenheit bieten, sich als lupenreiner Demokrat zu präsentieren. Böse Zungen behaupten bis heute, Juan Carlos habe den stümperhaften Umsturzversuch selbst in Auftrag gegeben, um dann sich als Retter der Demokratie auszugeben. Die in der Geschichte oft gestellte Frage »Cui bono?« war auch hier berechtigt.

Unsere Autorin, Historikerin, lebt in Tazacorte, La Palma.

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