BP hofft auf Schlussstrich
Sechs Jahre nach einer der schlimmsten Ölkatastrophen versucht der Konzern den Neuanfang
Der britische Ölgigant BP hat Bilanz gezogen. Die Ölpest im Golf von Mexiko 2010 hat demnach zu Kosten von 61,6 Milliarden Dollar (55,4 Milliarden Euro) geführt. Bei der Havarie der Ölplattform Deepwater Horizon waren elf Arbeiter gestorben und nach Schätzungen beinahe 380 Millionen Liter Öl ins Meer geflossen.
»In den vergangenen Monaten haben wir wesentliche Fortschritte bei der Bearbeitung ausstehender Klagen gemacht«, sagte BP-Finanzchef Brian Gilvary am Donnerstag. »Daher können wir den materiellen Schaden nun abschätzen.« BP hat sich damit erstmals zu den Gesamtkosten des Unfalls geäußert, die sich aus Straf- und anderen Zahlungen zusammensetzen. So sind beispielsweise die Reinigungsarbeiten der Strände zwischen Texas und Florida bis heute noch nicht abgeschlossen. Der enorme Schaden ist entstanden, weil es fast drei Monate dauerte, bis das Ausströmen des Öls gestoppt werden konnte.
»Ich weiß von keiner anderen durch ein Unternehmen verursachten Katastrophe, die zu solch hohen Kosten geführt hat«, sagt der frühere Bundesstaatsanwalt Daniel Jacobs, der ein Buch über den Vorfall schreibt. Vor vier Monaten war es zu einer Einigung zwischen BP sowie Regierungen der USA und mehrerer Bundesstaaten gekommen, in deren Folge BP 20 Milliarden Dollar zu zahlen hat. Der Konzern will das über 18 Jahre abzahlen.
»Es sind wirklich erschreckende Zahlen«, meint der Ölanalyst von Oppenheimer & Company, Fadel Gheit. »Vor dem Unfall hatte BP einen Börsenwert von 180 Milliarden Dollar. Durch den Unfall ist es nun ein Drittel weniger. Es ist ein Wunder, dass BP noch im Geschäft ist.«
BP wird nach Steuern lediglich 44 Milliarden Dollar der Gesamtsumme zahlen. Darin sind auch zusätzliche 5,2 Milliarden Dollar enthalten, die BP an vorsteuerlichen Kosten hat, wie Gilvary am Donnerstag erklärte. »Es ist für uns wichtig, dass wir einen Plan haben, wie wir diese Kosten bewältigen können und damit unseren Investoren Sicherheit bieten können«, sagte er, räumte aber ein, dass die Zahlung einen nachhaltigen Einfluss auf das Unternehmen hat. »Es ist wichtig, Bilanz zu ziehen und weiterzumachen«, meint Eric Smith vom Energieinstitut der Tulane-Universität in New Orleans - der am schwersten von der Ölpest getroffenen Stadt.
BP ist heute nicht mehr dasselbe Unternehmen wie vor dem Unfall. Firmenchef Tony Hayward musste im Juli 2010 zurücktreten. BP hat bisher Beteiligungen mit einem Wert von 40 Milliarden Dollar verkauft, um die notwendige Liquidität für die ausstehenden Zahlungen zu schaffen. Während BP vor dem Unfall noch vier Milliarden Fass Öl und Gas pro Tag produziert hat, sind es jetzt nur noch 3,14 Milliarden Fass, was allerdings auch an der zurückgegangenen Nachfrage nach Öl liegt.
Der heutige Geschäftsführer Bob Dudley sagte kürzlich, BP habe sich verschlankt, um die Kosten inklusive der Dividenden zahlen zu können, die anfallen, wenn der Ölpreis im nächsten Jahr wieder zwischen 50 und 55 Dollar pro Fass liege. Aktuell kostet ein Barrel der Marke Brent in London allerdings gerade einmal 41,70 Dollar und der Preis zeigt keine Anzeichen, demnächst anzusteigen.
Die durch das Öl verschmutzte Natur erholt sich hingegen wieder. Wissenschaftler der Universitäten Louisiana State und Rutgers gaben kürzlich an, dass die Bevölkerungsdichte von Ameisenkolonien in den Sumpfgebieten um New Orleans 73 Prozent des Wertes von vor dem Unfall erreicht habe. Nach ihren Aussagen sind Ameisen ein guter Anhaltspunkt für den Zustand des Ökosystems. »Die Auswirkungen der Ölpest haben sich vermindert, dramatisch vermindert sogar«, sagt der emeritierte Chemieprofessor Edward Overton von der Louisiana-Universität. »Ein Beleg dafür, wie nachhaltig sich die Umwelt erholen kann.«
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