Die Schnellstraße und das Waschbeton-Problem
Auf Rügen wird die umstrittene B96n weitergebaut - vage Versprechungen für von Verkehrslärm genervte Anwohner
Bergen. Der Weiterbau der Bundesstraße 96n auf der Insel Rügen (Mecklenburg-Vorpommern) hat bei Umweltschützern erneut Protest hervorgerufen. Einen Tag vor dem geplanten feierlichen Spatenstich für den sieben Kilometer langen Nordabschnitt der dreispurigen Schnellstraße mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) demon- strierten rund 20 Bürger und Umweltschützer gegen das Projekt.
Die großflächige Zerstörung der Insel werde mit der Fortführung der B 96n weitergehen, sagte Rügens Nabu-Chefin Marlies Preller am Montag - während sich neben ihr die Urlauberautos in Richtung Stralsund stauten. In der Sehrowbach-Niederung, wo gefährdete Tierarten wie Fischotter und Amphibien lebten, werde nun eine neue Brücke mit einer Spannweite von 117 Metern samt Regenrückhaltebecken entstehen. Der Anschlussknoten bei Bergen werde eine Fläche von 21 Fußballfeldern verbrauchen. Die Klagemöglichkeiten der Verbände gegen den Straßenbau sind ausgeschöpft.
Sieben Monate nach der Freigabe des 13 Kilometer langen Südabschnitts starten am Dienstag die Bauarbeiten für den sieben Kilometer langen Abschnitt zwischen Samtens und Bergen. Die Umweltschützer sehen nur sieben Wochen vor der Landtagswahl darin einen Wahlcoup. Für sie sei es auch kein Zufall, dass das Verkehrsministerium einen Tag vor dem Spatenstich eine Lösung des Waschbeton-Problems bei Rambin ankündigte. Die Einwohner der Gemeinde hatten sich über den lauten Untergrund auf der B 96n beschwert. Laut Verkehrsministerium ist der Bund als Eigentümer der Einschätzung des Landes gefolgt, dass der Abschnitt mit lärmoptimiertem Asphalt überzogen werden sollte. Genaue Kosten könnten bislang nicht genannt werden, hieß es aus dem Ministerium.
Grüne und Umweltverbände kritisieren seit Jahren den dreispurigen Neubau parallel zur bestehenden B96. Stattdessen fordern sie den Bau von Ortsumgehungen und eine dritte Spur für die alte Bundesstraße. Lösen werde der rund 150 Millionen Euro teure Neubau die Verkehrsprobleme auf der Insel nicht, sagte etwa der Demonstrant Walter Goers. Der Stau werde nur weiter in Richtung Seebäder verlagert.
Der rund 13 Kilometer lange Südabschnitt kostete 96,5 Millionen Euro. Für den Nordabschnitt sind laut Landesverkehrsministerium 52 Millionen Euro veranschlagt. Damit wird die Schnellstraße fast doppelt so teuer wie ursprünglich geplant. Anfangs waren die Planer von 80 Millionen Euro ausgegangen. Der Bundesrechnungshof hatte im April 2015 die ausufernden Kosten kritisiert. dpa/nd
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