Angleichen ohne auszugleichen

Rentenwert Ost soll auf West-Niveau steigen, die Höherwertung der Löhne aber entfallen

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 2 Min.
Nun ist die Katze aus dem Sack: Die Angleichung des Ost-Rentenwerts soll bis zum Jahr 2020 erfolgen. Rentner profitieren, Arbeitnehmer zahlen aber die Zeche.

Lange haben die Rentner in den neuen Ländern auf diese Nachricht gewartet: Fast 26 Jahre nach dem Beitritt der DDR soll der Rentenwert Ost auf das höhere West-Niveau klettern. Dies bestätigte Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) am Donnerstag in Schwerin. Derzeit liegt der Rentenwert Ost bei 28,66 Euro und damit bei 94,1 Prozent des Westwertes. In zwei Schritten soll bis zum Jahr 2020 die Angeleichung erfolgt sein. Ein internes Papier des Bundesarbeitsministeriums, das »nd« vorliegt, legt den Fahrplan dafür fest. Demzufolge soll die Angleichung rund 5,7 Milliarden Euro kosten.

Während der Rentenwert steigt, soll parallel dazu die Höherwertung der Ost-Einkommen abgeschafft werden. Mit einem jedes Jahr neu bestimmten Faktor werden die niedrigeren Löhne für die Rentenberechnung auf West-Niveau hochgerechnet, in diesem Jahr um fast 15 Prozent. Das Durchschnittseinkommen im Osten beträgt offiziell 87 Prozent des Durchschnittsverdienstes im Westen. Untersuchungen von Gewerkschaften kommen hier aber auf einen tatsächlichen Unterschied von fast 20 Prozent. Die Hochwertung wurde 1992 noch unter Bundesarbeitsminister Norbert Blüm (CDU) eingeführt, damit sich die geringeren Einkommen nicht Jahrzehnte auf die Renten auswirken.

In der Union gibt es Widerstand gegen die Pläne von Nahles. Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) sagte den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland am Donnerstag, auf keinen Fall dürften heutige und künftige Rentner im Osten schlechtergestellt werden.

Bereits Anfang des Jahres hatte die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag ein Positionspapier verabschiedet, in dem es heißt: »Die klaren Verlierer einer vorzeitigen Rentenangleichung wären die jetzigen Arbeitnehmer in den neuen Bundesländern.«

Kritik kam am Donnerstag ebenso von den Gewerkschaften. DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach sprach von einem »mutigen Schritt in einer schwierigen Frage«. Ohne die Frage der ungleichen Bezahlung zu berücksichtigen, könne die Hochwertung nicht einfach abgeschafft werden, warnte sie.

Auch die LINKE meldete massive Bedenken an: »Die Angleichung der Ostrenten darf nicht zu Lasten der Arbeitnehmer im Osten gehen«, schrieb Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (LINKE) am Donnerstag im Kurznachrichtendienst Twitter. Niedriglöhne und sinkendes Rentenniveau seien eine »gefährliche Mischung«. Mit Agenturen Seite 7

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