Söder zaubert Kleine-Leute-Politik aus dem Hut

Nach dem Abflauen der Flüchtlingsrhetorik schiebt sich Bayerns Finanzminister finanzpolitisch in den Vordergrund

  • Sebastian Knurrhahn
  • Lesedauer: 3 Min.
Die CSU baut vor. Mit einem Steuerentlastungsprogramm wirbt sie um Zustimmung bei kommenden Wahlen. Ganz ohne Hilfe der CDU wird es allerdings nicht gehen.

Wenn sich nächste Woche das bayerische Kabinett zu seiner Klausur nach St. Qirin am oberbayerischen Tegernsee begibt, haben Sozialministerin Emilia Müller und Finanzminister Markus Söder zwei Reformkonzepte dabei. Da sind zum einen die »Eckpunkte« für eine Rentenreform, die zum Beispiel eine Besserstellung von Eltern vorsieht. Und da ist der jüngste Vorschlag von Söder, kleine und mittlere Einkommen bei der Einkommenssteuer zu entlasten und langfristig den Solidaritätszuschlag abzuschaffen. Ein Konzept, das ebenso wie das der Rente vom Wohlwollen der Bundesregierung abhängt und vor allem auf eines zielt: die Wahlkämpfe in den nächsten zwei Jahren. In deren Schatten sperrt sich die CSU konsequent gegen eine Wiedereinführung der Vermögensteuer und propagiert eine »faire« Erbschaftssteuer.

Nach dem Spektakel um Autobahn-Maut für Ausländer und monatelangem Münchner Trommelfeuer in Richtung Berlin in Sachen Flüchtlingspolitik arbeitet die CSU jetzt wieder an ihrem Image als Repräsentant des »kleinen Mannes« und legt sich finanzpolitisch ins Zeug. Jedenfalls auf dem Papier. Markus Söder will mit seinem am Donnerstag vorgestellten Konzept »Bayern-Tarif« die Steuerzahler mit mehr als zehn Milliarden Euro jährlich entlasten und dies als Ausgleich für jene Arbeitnehmer, die durch Ungerechtigkeiten im bestehenden System über Gebühr belastet würden. Der bayerische Finanzminister glaubt: »Die geplanten Maßnahmen sind ein wuchtiger Schritt hin zu mehr Steuergerechtigkeit.« Dieser »Bayern-Tarif« soll ab 2019 greifen, die Steuerprogression soll abgeflacht werden, wovon vor allem Geringverdiener und Bezieher mittlerer Einkommen profitieren würden, wie Söder hervorhebt. Außerdem sollen die Steuertarife regelmäßig an die Preisentwicklung angepasst werden.

Söder präsentierte folgende Beispiele: Ein lediger, kinderloser Arbeitnehmer mit einem Jahreseinkommen von 23 000 Euro brutto würde um 180 Euro entlastet, bei einem Jahresbrutto von 60 000 Euro wären es 380 Euro. Verheiratete Arbeitnehmer mit einem Kind und einem Einkommen von 33 000 Euro brutto hätten nach dem Konzept der CSU 158 Euro mehr in der Tasche. Bei einem Jahresbrutto von 40 000 Euro wären es 300 Euro.

Dabei handele sich nicht um Steuergeschenke, so Söder, sondern um einen Ausgleich für eine unfaire und ungerechte Situation »bei den Leuten, die durch harte Arbeit ihr Geld verdienen«. Die geplanten Steuersenkungen seien eine »Konjunkturmaßnahme«, meint Söder, der dabei an ein gemeinsames Konzept mit der CDU glaubt. Dabei lag die CSU aber schon mit ihrem Rentenkonzept daneben. Danach sollten die Kinderzuschläge bei der Rente erhöht werden, außerdem will die Partei das Rentenniveau bis 2030 festschreiben. Das lehnt die CDU aber strikt ab.

Söder schlägt weitere Entlastungen vor: Unter anderem sollten die Steuertarife regelmäßig an die Preisentwicklung angepasst werden. Zudem wiederholte Söder die Forderung nach einem schrittweisen Abbau des Solidaritätszuschlags ab 2020. Außerdem will die CSU eine neue Eigenheimförderung für Familien mit Kindern in Form eines Zuschusses von 1200 Euro pro Kind und Jahr, und zwar für zehn Jahre - also bis zu insgesamt 12 000 Euro. Damit würden Familien mit Kindern in der nächsten Legislaturperiode bis 2021 mit insgesamt 2,2 Milliarden Euro gefördert, sagt Söder.

Bei der Opposition riefen die Steuervorschläge der CSU wenig Jubel hervor. Die SPD warf Söder vielmehr »Themaverfehlung« vor, denn Geringverdiener über Steuersenkungen zu entlasten, mache wenig Sinn. Am unteren Ende der Einkommenstabelle würden ohnehin oft kaum Steuern fällig, so SPD-Haushaltsexperte Harald Güller. Die CSU solle lieber Einkommens- und Vermögensmillionäre stärker zur Finanzierung des Staates heranziehen. Die Grünen kritisierten, bei den Steuerplänen handele es sich lediglich um Wahlversprechen, bisher habe sich die CSU mit ihren Forderungen im Bund nicht durchsetzen können.

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