Wo Kaiser Ottos Herz versteckt ist
Im Kloster Memleben ist der Mönchs-Alltag erlebbar
Heute ist Memleben ein romantischer Ort. Im 10. Jahrhundert standen hier eine Kaiserpfalz und ein Kloster. »Wir wollen den Menschen das Leben im Kloster vermitteln«, sagt Museumsleiterin Andrea Knopig. »Speziell für Schulklassen gibt es museumspädagogische Tagesangebote.«
Das ist kein trockener Geschichtsunterricht, es geht um unmittelbare Erfahrungen. Der erste deutsche Kaiser Otto der Große (912-973) starb in Memleben, ebenso wie sein Vater Heinrich I. (876-936). »Wo gibt es das schon, dass zwei Herrscher an einem Ort sterben«, sagt Knopig. »Wo das Herz Otto des Großen beigesetzt wurde, ist bis heute nicht bekannt, wir wissen nur, dass es in Memleben liegt.«
Die riesigen Umrisse der ersten Klosterkirche von 80 Metern Länge und 39,5 Meter Breite sind noch heute zu sehen. Nur wenige Jahrzehnte nach der Klostergründung, im Jahr 1015, wurde Memleben der Abtei Bad Hersfeld unterstellt und verlor somit seine Selbstständigkeit und Wichtigkeit im Reich. »Es war also nur eine sehr kurze Blütezeit«, sagt die Museumsleiterin. Dennoch wurde in den Jahren 1200 bis 1250 eine neue Klosterkirche errichtet. Das Baumaterial kam von der alten Kirche.
Um das Leben der Mönche nachzuempfinden, ziehen sich die Schüler Mönchskutten an. »Sie erfahren, wie oft damals Mönche gebetet haben, auf was sie verzichten mussten, wie hart ihre Arbeit und wie streng der Mönchs-Alltag organisiert waren«, sagt Museumspädagogin Sylke Müller. »Für die Schüler wird Memleben somit hautnah zu einem erfahrbaren historischen Ort.« Als Anschauung dient auch der Klostergarten mit Hochbeten, wie es damals bei den Mönchen üblich war. Hier wachsen die typischen Küchen- und Heilkräuter. Aber auch Symbolpflanzen, wie die Pfingstrose.
Auch die Weinherstellung war für die Klöster eine wichtige Tätigkeit, natürlich auch in Memleben. Seit 2012 gibt es an historischer Stätte wieder einen Weinberg. »Im ersten Jahr lag der Ertrag bei 62, im zweiten Jahr schon bei 350 Flaschen. Wir wollen so auf viertausend Flaschen kommen«, sagt Knopig. Der Wein, es ist Weißburgunder, wird im Klosterladen verkauft.
Kaiser Otto II. (955-983) und seine Gattin Theophanu (955-991) gründeten 979 dass Kloster in Memleben. Die Mönche sollten für Ottos Vater und für ihn selbst beten. An diese Epoche wird die Sonderausstellung »Wissen und Macht - Der Heilige Benedikt und die Ottonen« im Jahr 2018 erinnern. Anlass ist das 25-jährige Bestehen der »Straße der Romanik«.
Insgesamt verbindet die »Straße der Romanik« auf rund 1200 Kilometern 80 romanische Objekte in 65 Orten. Dazu gehören Burgen, Klöster und Kirchen, die in der Zeit vom 10. bis Mitte des 13. Jahrhunderts entstanden sind und für die Christianisierung Mitteldeutschlands stehen.
Aufgegeben wurde das Kloster Memleben nach Plünderungen in der Reformationszeit im 16. Jahrhundert. Danach wurden die Gebäude für die Landwirtschaft genutzt. Erst nach der Wende konnte das historische Erbe übernommen werden. Neben einem neu gestalteten Klostereingang gibt es ein Museum auf dem Areal. Dazu die Ruine der zweiten Klosterkirche und die über die Jahrhunderte vollständig erhaltene Krypta der Kirche. »Offenbar hat sie die Zeit nur überstanden, weil der Raum als Kartoffellagerplatz gebraucht wurde«, sagt Museumsleiterin Knopig. Die Stiftung Kloster und Kaiserpfalz Memleben kümmert sich um die denkmalpflegerische Sicherung der Klosteranlage. Das Land Sachsen-Anhalt stiftete 600 Hektar landwirtschaftlich genutzte Fläche im direkten Umfeld des Klosters zu.
Aber Klosterleben gibt es auch in der Gegenwart. Unter dem Motto »Belebtes Kloster« können Besucher vom 3. bis 7. August Benediktinermönche der Abtei Münsterschwarzach (Bayern) in Memleben treffen. Es gibt gemeinsame Gottesdienste und die Mönche erklären Interessierten das Klosterleben. dpa/nd
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