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Die Basis bleibt zuhause

Südafrikas von Skandalen erschütterter ANC droht bei Kommunalwahlen der Verlust großer Städte

  • Christian Selz
  • Lesedauer: 3 Min.
Der in Südafrika seit dem Ende der Apartheid 1994 regierende African National Congress (ANC) muss bei den Kommunalwahlen mit mehreren Denkzetteln rechnen.

Am Mittwoch stehen in Südafrika landesweit Kommunalwahlen an. Abgestimmt wird in den mehr als 22 000 Wahllokalen zwar nur über Stadtparlamente und Lokalregierungen, doch die Ergebnisse haben nationale Bedeutung. Der seit dem Ende der Apartheid 1994 regierende African National Congress (ANC) könnte erstmals seine absolute Mehrheit in den Metropolen Johannesburg und Port Elizabeth sowie in der Hauptstadt Pretoria verlieren. Doch auch innerhalb der Regierungsallianz, zu der neben dem ANC auch die South African Communist Party (SACP) und der Gewerkschaftsbund COSATU gehören, tobt der Machtkampf um die Ämter.

Vor allem in KwaZulu-Natal, der Heimatprovinz von Staatspräsident Jacob Zuma, ist die Situation im Wahlkampf eskaliert: Die Polizei ermittelt dort nach eigenen Angaben in 25 Fällen politisch motivierter Verbrechen, landesweit sind es demnach 29 Delikte, von Körperverletzung bis Mord. 100 000 Polizisten sollen nun landesweit die Abstimmung sichern.

Mehr als zehn Menschen seien im Wahlkampf getötet worden, erklärte Polizeiminister Nkosinathi Nhleko bei einer Pressekonferenz in Kapstadt. Eine genaue Zahl wollte er aber auch deshalb nicht nennen, weil der politische Hintergrund der Taten oft nicht bewiesen sei. Das Nachrichtenportal »Daily Maverick« stellte dem eine wesentlich längere Liste von Mordanschlägen auf Politiker und Wahlkampfhelfer gegenüber. Hintergrund sind dabei in vielen Fällen nicht einmal Konflikte zwischen verschiedenen politischen Formationen, sondern der Kampf um lukrative Positionen innerhalb des Regierungslagers. In KwaZulu-Natal beispielsweise konzentrieren sich die Ermittlungen nach einem Überfall auf ein SACP-Treffen im Januar, bei dem ein Parteimitglied erschossen und vier weitere verletzt wurden, auf einen Stadtteilvorsteher des ANC - einen Allianzpartner. »Der ökonomische Unterschied, den es ausmacht, Stadtrat zu sein oder nicht, ist der Unterschied zwischen einer Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zur Mittelschicht. Viele Leute klammern sich daran, Teil dieser Mittelschicht zu bleiben«, umschrieb der Analyst Ebrahim Fakir die Lage während einer Debatte am Kapstädter Centre for Conflict Resolution.

Für den ANC entsteht aus diesen internen Kämpfen eine weitere Schwächung, die sich die Partei auch aufgrund zahlreicher anderer Skandale in der jüngeren Vergangenheit eigentlich nicht leisten kann. Insbesondere die jahrelange Posse um den Ausbau des privaten Landsitzes von Staats- und Parteipräsident Zuma - die steuerfinanzierte Errichtung von Kuhstall, Swimmingpool und Amphitheater als angebliche sicherheitsrelevante Gebäude inklusive - hat viele Sympathien gekostet. Auch die äußerst engen Geschäftsbeziehungen der Familie des Staatsoberhaupts zu einem Brüder-Trio schwerreicher Geschäftsleute trugen kaum zur Steigerung seines Ansehens bei. Die SACP sprach gar von einer Vereinnahmung des Staates, machte ihre Drohung, den ANC im Wahlkampf nicht zu unterstützen, letztlich aber nicht wahr.

Außer in der von Weißen dominierten Provinz Western Cape, wo die Partei ohnehin stets große Probleme hatte, dürfte der ANC nach Ansicht von Meinungsforschern in der Folge zwar weiterhin die stärkste Kraft bleiben, die Tendenz zeigt aber weiter nach unten. So spricht Peter Attard Montalto vom Institut Nomura von einer zu erwartenden »moderaten Beschleunigung des Trends geringerer Unterstützung« für den ANC. Dass dessen Wähler massenhaft für Oppositionsparteien stimmen, glaubt er zwar nicht, sie würden aber der Abstimmung fernbleiben. In ländlichen Regionen dürfte das noch nicht viel ausmachen, landesweit rechnen Experten mit einem Ergebnis von knapp unter 60 Prozent. In etlichen großen Städten könnte der ANC, der dort bereits bei den vorigen Wahlen vielerorts nur knapp über 50 Prozent lag, nun aber unter diese Marke rutschen und künftig auf Koalitionspartner angewiesen sein. Da sich die größeren Oppositionsparteien, so verschieden sie auch sein mögen, im Wahlkampf vor allem über ihre Ablehnung des ANC profiliert haben, droht Südafrikas Metropolen daher eine politische Patt-Situation.

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