Syriens Weg soll nach Genf führen
Vizeaußenminister Mekdad verweist auf Verhandlungsbereitschaft
Die Gesamtsituation in und um Aleppo, umkämpfte zweitgrößte Stadt Syriens, objektiv darzustellen, dürfte schon von der Faktenlage her derzeit kaum jemandem möglich sein. Und die ganz wenigen, die dazu in der Lage wären, sind häufig Partei in diesem Krieg und nur an der Verbreitung »ihrer Wahrheit« interessiert. Das dürfte jedem um Objektivität bemühten Journalisten bekannt sein. Diese Meinungen zu erfahren, ist dennoch wichtig.
»Wir verfolgen in Syrien zwei Wege«, erklärt Vizeaußenminister Mekdad gegenüber der Korrespondentin von »neues deutschland«. »Einerseits kämpfen wir gegen Terrorismus und terroristische Gruppen, anderseits verfolgen wir eine politische Lösung.« Die Lage in Aleppo sei angespannt, so der Politiker. Die Regierung müsse Frieden und Ordnung in der Stadt wiederherstellen und das Leben der Einwohner schützen: »Seit die bewaffneten Gruppen Teile der östlichen Stadt besetzt halten, haben sie mehr als 10 170 unschuldige Zivilisten getötet.«
Tausende Kämpfer seien »mit Unterstützung von Katar, Saudi-Arabien und der Türkei« mobilisiert worden, um den Südwesten von Aleppo anzugreifen. »Unsere Streitkräfte mussten darauf reagieren und sind entschlossen, Gruppen wie die Nusra-Front, die sich heute Fatah al-Sham nennt (Front zur Eroberung von Syrien), Nour al-Din al-Zenki und andere Terrorgruppen zu eliminieren.« Die russische Schützenhilfe dabei erwähnt er nicht.
Der Minister spricht aber auch von Verhandlungen. Der Kampf gegen den Terror, so Mekdad, sei ebenso eine Verpflichtung für die Regierung wie das Ringen um eine friedliche Lösung. »Wir sind zu einer neuen Gesprächsrunde in Genf ohne jegliche Vorbedingungen bereit.« Bisher habe man keine Einladung erhalten, doch man hoffe, dass der UNO-Gesandte für Syrien, Staffan de Mistura, nicht dem Druck westlicher Politik nachgebe und »Ende August/Anfang September zu einer neuen Gesprächsrunde einlädt«.
Wen der syrische Präsident Baschar al-Assad als Gesprächspartner auf der Gegenseite zu akzeptieren bereit sei, sagt er nicht. Der Man schlage die Bildung eines breiten, repräsentativen Kabinetts vor, in dem die aktuelle Regierung und die Opposition vertreten sind. Deren Hauptaufgabe sollte es dann sein, ein verfassungsgebendes Komitee zu bilden. Sie können die aktuelle Verfassung übernehmen, ändern oder komplett neu schreiben. Diese neue Verfassung sollte dann dem syrischen Volk in einem Referendum zur Abstimmung vorgelegt werden. Bei Zustimmung gäbe es dann Neuwahlen.
Auf die Aussage des deutschen Außenministers Frank-Walter Steinmeier, die politische Zukunft müsse ohne Assad stattfinden, sagte Mekdad, als Diplomat wolle er Steinmeier daran erinnern, dass Deutschland gute Beziehungen mit der Türkei habe, »die den Terrorismus (in Syrien) unterstützt«. Es sei überdies nicht seine Aufgabe zu sagen, wer Syrien führen solle und wer nicht.
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