AfD-Wähler sind mehrheitlich »Modernisierungsverlierer«

Politikwissenschaftler diskutierten in Greifswald über Aufstieg und Umgang mit der Rechtspartei

  • Lesedauer: 2 Min.

Greifswald. Der Bonner Politikwissenschaftler Frank Decker hat die Politik dazu aufgerufen, sich der Auseinandersetzung mit der AfD zu stellen: »Die Positionen der Partei müssen in der öffentlichen Debatte widerlegt werden«, sagte Decker in Greifswald, wo am Dienstag rund 30 Politikwissenschaftler zu einem Workshop über »Rechte Parteien und ihre Wähler« zusammenkamen.

Decker sagte, dabei müsse berücksichtigt werden, dass AfD-Anhänger mehrheitlich aus Bevölkerungsgruppen stammten, die in den zurückliegenden Jahrzehnten nicht ausreichend vom Fortschritt profitiert hätten. Es handle sich um »Modernisierungsverlierer«, die in Entwicklungen wie der Globalisierung oder der Digitalisierung keinen persönlichen Vorteil für sich erkennen könnten. Sie fühlten sich von den etablierten Parteien politisch nicht mehr vertreten.

Die Frustration dieser Menschen sei durchaus nachvollziehbar, sagte Decker: »Das Aufstiegsversprechen für diese Personengruppen funktioniert nicht mehr. Bis vor einigen Jahrzehnten haben bis zu einem gewissen Teil alle Menschen gleich stark vom Fortschritt profitiert.« Inzwischen gehe es der Eltern-Generation häufig besser als ihren Kindern: »Selbst Studierte finden keine unbefristete Arbeit oder bekommen sehr niedrige Gehälter.« Insofern hänge das Erstarken des Rechtspopulismus auch mit einem Gerechtigkeitsproblem in der Gesellschaft zusammen, sagte Decker, der Mitglied der SPD ist und der Grundwertekommission der Partei angehört.

Die empirische Forschung zu AfD-Anhängern im Speziellen und die zu Wählern rechtspopulistischer Parteien im Allgemeinen sei zwar insgesamt noch nicht umfangreich genug. Feststellen lasse sich aber, dass die Anhänger der AfD durchaus nicht nur ältere Menschen seien: »Im Gegenteil, es sind vermehrt Menschen jüngeren und mittleren Alters, die die AfD wählen.«

Der Experten-Workshop in Greifswald, der von der Universität, der Landeszentrale für Politische Bildung und dem Alfried-Krupp- Wissenschaftskolleg veranstaltet wurde, habe vor dem Hintergrund der Landtagwahlen stattgefunden, sagte der gastgebende Greifswalder Politologe Jochen Müller. Man habe sich aber bewusst für Referenten mit Schwerpunkten über Mecklenburg-Vorpommern hinaus entschieden. Weitere Themen waren das Erstarken der FPÖ in Österreich, Islamophobie und der mediale Umgang mit dem Thema Einwanderung. dpa/nd

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.