35 Milliarden Euro gegen Altersarmut

Der Sozialverband Deutschland hat sein Konzept für eine angemessene Rente präsentiert

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 3 Min.

Es ist das Jahr der Rentenkonzepte: Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) lässt derzeit ein »umfassendes Konzept« erarbeiten. Weil man den Sozis hier im anstehenden Bundestagswahlkampf nicht das Feld überlassen will, hat auch CSU-Chef Horst Seehofer bei seiner bayerischen Sozialministerin ein eigenes Konzept in Auftrag gegeben. Die IG Metall präsentierte Ende Juli ihre Vorschläge zur Rettung der Rente. Am Dienstag stellte nun der Sozialverband Deutschland (SoVD) seine Rentenkampagne »Lieber nicht arm dran« vor, die auch ein »Konzept gegen Altersarmut« umfasst. Es sieht unter anderem vor, die Beitragszahlungen zur Rentenversicherung in der Erwerbsphase deutlich auszubauen, etwa durch das Zurückdrängen prekärer Beschäftigungsformen wie Minijobs und Leiharbeit. »Die Altersarmut in Deutschland steigt«, sagte SoVD-Präsident Adolf Bauer am Dienstag. Besonders betroffen seien Frauen. »Sie arbeiten häufiger in schlechter bezahlten Jobs«, so Bauer. Das Problem ist größer, als viele annehmen: Jeder vierte Beschäftigte in Deutschland muss derzeit für einen Niedriglohn arbeiten, viele davon sind alleinerziehende Frauen.

Der Sozialverband fordert zudem, den gesetzlichen Mindestlohn »deutlich« anzuheben. Nach Berechnungen des Verbandes müsste die Lohnuntergrenze bei 11,60 Euro liegen, damit die Betroffenen wenigstens die Grundsicherungsschwelle von 773 Euro erreichen. Die im nächsten Jahr geplante Anhebung des Mindestlohns von derzeit 8,50 auf 8,84 Euro reicht demnach nicht aus.

Der Verband drängt auch darauf, dass für Hartz-IV-Bezieher »sachgerechte Beiträge« in die Rentenkasse gezahlt werden. Im Januar 2011 wurden die Pflichtbeiträge für Langzeitarbeitslose, die bis dahin vom Amt gezahlt wurden, Opfer eines »Sparpaktes« der damaligen schwarz-gelben Bundesregierung. Seitdem werden keine Beiträge mehr abgeführt. Klaus Michaelis, Vorstandsmitglied des Sozialverbands, plädierte dafür, dass Zeiten der Niedriglohnbeschäftigung und der Langzeitarbeitslosigkeit aufgewertet werden sollten. Zudem müssten die systemwidrigen Abschläge bei Erwerbsminderungsrenten abgeschafft werden.

Das Rentenniveau, also das Verhältnis der Rente zum Durchschnittsgehalt, sollte nach Ansicht des Verbands von derzeit 47,7 auf vorerst 50 Prozent angehoben werden. Nach derzeitigem Stand kann das Niveau bis 2030 auf 43 Prozent sinken.

Das alles ist nicht zum Nulltarif zu haben. Die Zusatzkosten schätzt der Sozialverband auf bis zu 35 Milliarden Euro. Geld, das vor allem aus dem Steuersäckel kommen soll. Der Verband schlägt vor, den Bundeszuschuss aus Steuern für versicherungsfremde Leistungen in der Rente um mindestens 20 Milliarden Euro anzuheben. Das würde den bestehenden Rückstau beim Zuschuss von 13 Milliarden Euro abdecken.

Viel Geld, meinte auch Sozialverbandspräsident Bauer, der »durchaus Potenzial« sieht, die Steuereinnahmen sozialverträglich zu erhöhen - etwa durch Anhebung des Spitzensteuersatzes und der Kapitalertragssteuer sowie die Wiedereinführung der Vermögenssteuer.

Die LINKE begrüßte die Vorschläge. Der SoVD liefere mit seinem Konzept »wichtige Bausteine für eine Rentenreform«, erklärte die Parteivorsitzende Katja Kipping am Dienstag. »Fakt ist: Die gesetzliche Rente muss gestärkt werden. Die schwarz-rote Bundesregierung ist schlecht beraten, wenn sie die Lebensleistung der Menschen in Deutschland den Interessen privater Versicherungskonzerne unterwirft«, erklärte Kipping.

Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln appellierte dagegen an den Egoismus der Jüngeren und warnte vor hohen Kosten für die Generation der Kinder und Enkel. Eine Beibehaltung des Rentenniveaus von derzeit 47,5 Prozent würde im Jahr 2030 Mehrausgaben von über 28 Milliarden Euro verursachen.

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