Blutbad in Jugendherberge

Australien: Franzose sticht mit dem Ruf »Allahu Akbar« auf Mitbewohner ein

  • Barbara Barkhausen, Sydney
  • Lesedauer: 3 Min.

Rund 30 Rucksackreisende sind Zeugen der grausamen Tat geworden, die den kleinen Ort Home Hill, rund 100 Kilometer südlich von Townswill im Nordosten Australiens, erschüttert hat. Als die Polizei am Dienstagabend (Ortszeit) in die Jugendherberge Shelley's Backpackers gerufen wurde, sei sie »mit einer schrecklichen Szene« konfrontiert worden, wie Polizeiinspektor Ray Rohweder am Mittwoch sagte.

Nach Polizeiangaben soll ein 29-jähriger Franzose, der seit März in Australien mit einem gültigen, befristeten Visum lebt, gegen 23 Uhr am Dienstag auf andere Mitbewohner in der Jugendherberge eingestochen haben. Dabei soll er »Allahu Akbar« - »Gott ist groß« - gerufen haben.

Drei Menschen wurden verletzt, eine junge Britin starb, ein 30-jähriger Brite ist schwer verletzt ins Krankenhaus eingeliefert worden. Ein 47-jähriger Einheimischer, der versuchte, die Attacke zu stoppen, wurde leicht verletzt. Das 21-jährige Opfer ist die Engländerin Mia Ayliffe-Chung. Sie war laut örtlichen Medienberichten vor wenigen Tagen in die ländliche Gegend am Burdekin-Fluss gegangen, um drei Monate lang Zuckerrohr zu ernten.

Die Polizei nannte den Angriff »einen sinnlosen Gewaltakt«. Sie konnte den 29-jährigen Täter noch vor Ort festnehmen und die Tatwaffe sicherstellen. Obwohl die Polizei derzeit noch mit der Beweisaufnahme beschäftigt ist und noch kein Motiv festgestellt hat, wird ein Terrorakt nicht ausgeschlossen. Es gebe aber keine Hinweise auf weitere Täter.

Während einer Pressekonferenz sagte Polizeisprecher Steve Gollschewski, dass die Äußerungen des Angreifers, der bei seiner Festnahme nochmals »Allahu Akbar« gerufen haben soll, »auf eine extremistische Natur hindeuten könnten«. Die Polizei wolle derzeit jedoch keinerlei Motive ausschließen - weder kriminelle noch politische. Auch mentale Probleme oder Drogenmissbrauch könnten eine Rolle gespielt haben.

Der Vorfall in Queensland, aufgrund seines tropisch warmen Wetters vor allem im australischen Winter beliebt bei jungen Rucksackreisenden, ist kein Einzelfall. Anfang Oktober 2015 tötete ein 15-jähriger Dschihadist einen Polizeiangestellten in Sydney mit einem Kopfschuss, bevor er selbst von der Polizei erschossen wurde. Mitte Dezember 2014 erschütterte eine Geiselnahme in einem beliebten Schokoladencafé in der Innenstadt Sydneys die Vorweihnachtszeit. Nach einem 16-stündigen Martyrium stürmte die Polizei das Café, als ein Schuss zu hören war. Der Attentäter, ein 50-jähriger selbsternannter Prediger, der die Geiseln zuvor eine islamistische Flagge im Fenster hochhalten ließ, hatte den Manager des Cafés erschossen.

Bereits im September 2014 hatte der 18-jährige Numan Haider zwei Polizeibeamte in Melbourne angegriffen. Er wurde erschossen. Wenige Tage zuvor war Australien nur knapp einem Terroranschlag entgangen. Australische IS-Sympathisanten planten damals, wahllos einen Bürger zu entführen und ihn öffentlich in Sydney zu enthaupten. In der bisher größten Anti-Terror-Aktion der australischen Geschichte waren 800 Polizisten im Einsatz und nahmen 15 Terrorverdächtige fest.

Der australische Geheimdienst Asio bezeichnet die Bedrohung des Landes durch eine Terrorattacke nach wie vor als »wahrscheinlich«. Seit der Erhöhung der Gefahrenstufe im September 2014 sind die Sicherheitsvorkehrungen rund um öffentliche Plätze und Verkehrsmittel, bei großen Sportveranstaltungen, militärischen Einrichtungen und ikonischen Gebäuden wie der Oper und der Hafenbrücke in Sydney nochmals intensiviert worden. Auch das Parlament in Canberra erhielt zusätzliches Sicherheitspersonal. Zudem verschärfte das Land seine Anti-Terror-Gesetzgebung empfindlich. Auch Australiens Nachrichtendienst Asio erhielt weitreichendere Befugnisse.

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