Thüringens Justizminister entschuldigt sich
In der Affäre um Schulprüfungen seines Sohns räumt Dieter Lauinger Fehler ein / Doch die Opposition gibt sich damit nicht zufrieden
In den Reihen von Rot-Rot-Grün, so erzählt man in Erfurt, sei Dieter Lauinger seit Tagen gedrängt worden, sich öffentlich und unmissverständlich dafür zu entschuldigen, dass er in der sogenannten Sohnemann-Affäre zum Telefon griff und beim Thüringer Bildungsministerium zugunsten seines Kindes intervenierte. Am Dienstag, kurz nach 15 Uhr, kam eine gute Gelegenheit für eine solche Entschuldigung. Mal wieder.
Die Abgeordneten des Bildungs- und des Justizausschusses des Thüringer Landtages sind zu einer gemeinsamen Sitzung zusammengekommen, im größten Anhörungssaal des Landtages, zahlreiche Gäste sitzen im Zuschauerraum. Der Vorsitzende erteilt der Landesregierung das Wort. Und Lauinger, Thüringens Justizminister mit Grünen-Parteibuch, schweigt. Stattdessen referiert der Chef der Thüringer Staatskanzlei, Benjamin-Immanuel Hoff (LINKE), fast eine Stunde lang zu den von der Opposition in der Affäre aufgeworfenen Fragen.
In der Affäre um die Prüfungsbefreiung für Lauingers Sohn - die zuerst gewährt, dann kassiert und dann von der Bildungsministerin des Freistaats, Birgit Klaubert (LINKE), erneut gewährt wurde - bleibt Lauinger unter massivem Druck. Vor allem, weil immer wieder neue Details öffentlich geworden sind - Details, das stellt sich nun während dieser Ausschusssitzung heraus, die dem widersprechen, was Lauinger vor allem während einer ersten, als Privatmann gegebenen Pressekonferenz über die Affäre sagte.
Zu diesen Details gehört die Frage, mit welchem Telefon Lauinger die Referentin des Bildungsministeriums anrief, die nach seiner Meinung dafür verantwortlich war, dass eine seiner Familie gegebene Zusicherung in der Sache dann doch nicht mehr gelten sollte. Lauinger hatte auf der privaten Pressekonferenz dazu gesagt, er habe von seinem Privathandy aus telefoniert. Zwar von seinem Büro aus, er habe sich aber nicht von seiner Sekretärin vermitteln lassen. Im Ausschuss wird nun klar: Das stimmt nicht. Lauinger nutzte ein Diensttelefon. Und er ließ sich von der Dame im Vorzimmer zu der Referentin durchstellen - weil er gar nicht wusste, welche Rufnummer die Frau hat. Die hatte seine Sekretärin erst mal raussuchen müssen.
Selbst dass Lauinger doch zuerst sein Diensttelefon und nicht sein Handy nutzte, räumt in der Ausschusssitzung zunächst Hoff ein. Nicht Lauinger. Erst als eine CDU-Abgeordnete Lauinger direkt anspricht, bricht der Justizminister sein Schweigen. Selbst Klaubert hat schon vor ihm gesprochen und Fragen beantwortet. Es ist 16.36 Uhr.
Nun - endlich, denken sich in diesen Momenten viele bei Rot-Rot-Grün - bringt Lauinger die lange erwartete Entschuldigung. Als er die Frage der CDU-Frau beantwortet, sagt Lauinger, er wolle einige persönliche Vorbemerkungen machen. »Ich habe in vielen persönlichen Gesprächen, die ich in den letzten Tagen geführt habe, erkannt, dass gut gedacht nicht immer gut gemeint ist«, sagt er. Ihm sei klar geworden, dass bei Dieter Lauinger die Dienstperson nicht von der Amtsperson zu trennen sei. Er und seine Frau hätten immer nur von ihrem Sohn Schaden abzuwenden versucht. »Dabei sind mir - und das räume ich ausdrücklich ein - Fehler unterlaufen.«
Dass Lauinger diese Entschuldigung am Mittwoch im Landtag während einer Sondersitzung des gesamten Landtages noch einmal fast wortgleich wiederholt, beeindruckt die CDU trotzdem nicht. Sie fordert seinen Rücktritt. Gleichzeitig droht die Union weiterhin mit einem Untersuchungsausschuss in der Sache - sollte die Landesregierung bis zum kommenden Montag nicht alle Unterlagen zu der Affäre dem Landtag vorlegen, werde es einen Untersuchungsausschuss geben, sagt der CDU-Fraktionsvorsitzende Mike Mohring. Auch, um die Rolle Klauberts und Hoffs aufzuarbeiten.
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