Megaboxer als Helfer in der Krise
Größte deutsche Reederei will mit Schiffsbetreiber aus Kuwait fusionieren
Die Zeichen stehen auf Sturm. So trübte sich die Stimmung besonders unter den deutschen Unternehmen im August ein, wie ein am Freitag vom Ifo-Institut veröffentlichtes Stimmungsbarometer zeigt. Dafür wurden 7000 Firmen befragt. Die deutsche Industrie erwartet erneut weniger Aufträge aus dem Ausland, das Brexit-Votum in Großbritannien zeigt seine Wirkung. In allen großen Volkswirtschaften der Währungsunion hat sich das Wirtschaftsklima im Sommer verschlechtert. Auch der Containerumschlagindex des RWI Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung verheißt langfristig nichts Gutes: Er liegt unter dem Niveau, das er zur Jahreswende 2014/15 endlich erreicht hatte. Und in der maritimen Wirtschaft erwartet wohl niemand, dass, wie in der Vergangenheit, nun starke Impulse aus Asien und Lateinamerika kommen.
In diesem Umfeld versucht Rolf Habben Jansen, das Schiff wieder flott zu machen. Der Vorstandsvorsitzende der größten deutschen Reederei Hapag Lloyd setzt dabei auf Größe, wie er am Freitag auf der Hauptversammlung in einem Hamburger Hotel klar machte. damit will er bessere »Skaleneffekte« erzielen - je größer die Schiffe, desto niedriger die Kosten pro Container. Doch von den 175 Frachtern, die Hapag-Lloyd gehören, sind nur zehn große Schiffe. Ganz Große fehlen gänzlich in der Flotte.
Um dem strategischen Loch zu entkommen, setzt der Niederländer alles auf eine Karte: Kaum ist der 2014 begonnene Zusammenschluss mit der mittelgroßen chilenischen Reederei CSAV nahezu abgeschlossen, soll eine Fusion mit der United Arab Shipping Company (UASC) folgen. Haupteigentümer »der Araber« - wie ein verunsicherter Aktionär den neuen Partner auf der Hauptversammlung nannte - sind die Staaten Katar und Saudi-Arabien. Der Hauptsitz von Hapag-Lloyd, an dem die Stadt Hamburg maßgeblich beteiligt ist, bliebe an der Elbe. Nach der Fusion wäre Hapag weltweit die Nummer vier.
UASC ist zwar eher ein regionaler Spieler für den Verkehr im arabischen Raum. Aber die Firma besitzt die dicken Pötte, auf die Habben Jansen setzt. Über ein Dutzend Megaboxer mit Platz für bis zu 18 000 Standardcontainer fahren für die arabische Reederei.
Dass Größe allein nicht ausreicht, beweist zurzeit Maersk. Die weltgrößte Reederei gilt quasi als Erfinder der Megaboxer - doch es fehlt an genügend Ladung und die Preise sind zu niedrig. Die durchschnittliche, ohnehin kaum auskömmliche Frachtrate sank in den ersten sechs Monaten um 254 auf 1042 US Dollar pro TEU. Dies entspricht einem Rückgang um fast 20 Prozent. Im Ergebnis brachen beim Primus Maersk die Gewinne um 90 Prozent ein. »Dänemarks ganzer Stolz in Seenot«, titelte ein Blatt. Bei den anderen Reedereien sieht es nicht besser aus.
Eine Rettung aus der Seenot ist nicht in Sicht. Der Welthandel wächst kaum und wenn dann hauptsächlich innerhalb Asiens. Gleichzeitig laufen immer mehr große und größte Schiffe zu. In einem Markt der ohnehin schon viel zu viel Schiffsraum hat.
Die Krise von Hapag, Maersk und Co. ist vor allem hausgemacht. Die scheinbar ungebrochen voranschreitende Globalisierung verführte die Reedereikonzerne, immer mehr und immer größere Schiffe zu bestellen. Daran konnten selbst die Finanzkrise und ihre zeitweilig verheerenden Folgen für den Welthandel nichts ändern. Auf dem gestrigen Aktionärstreffen bestätigte Habben Jansen die Bestellung fünf neuer Schiffe.
Auch die Banken, vor allem Landesbanken leiden unter den Überinvestitionen. So meldete die NordLB wegen maroder Schiffskredite und einem neuen Risikopuffer im ersten Halbjahr einen Verlust von 400 Millionen Euro. Die kleine Bremer Landesbank will von ihren 6,5 Milliarden Euro Schiffsfinanzierungen 2,5 abstoßen. Das dürfte nur zu einem Dumpingpreis - mittelbar auf Kosten der Steuerzahler - möglich sein. Am Montag war bekannt geworden, dass die NordLB faule Finanzierungen für hundert Schiffe an den umstrittenen Finanzinvestor KKR verkauft hat. Ein Schicksal, dem Hapag Lloyd mit seiner Offensive entgehen will.
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