»Jetzt muss ich nur noch den Hotspot finden«
Knapp dem Super-GAU entgangen, produziert »nd« einen Doppelgänger seiner selbst
Auf dem Gang ist es hektisch. »Hast du schon gehört?« Alle verfügbaren Tischventilatoren stehen vor dem Serverraum, in dem Temperaturen herrschen wie in einer finnischen Sauna. Nur der Minze-Limette-Aufguss fehlt – und alles, was Journalisten heutzutage zum Arbeiten brauchen: Internet, Telefon, Redaktionssystem, E-Mail-Programm … Auch die Druckvorstufe MVVG im Erdgeschoss, die die Zeitungsseiten gewöhnlich für die Druckerei aufbereitet, kann nicht arbeiten; das Internet im ganzen Haus ist ausgefallen. Houston, wir haben ein Problem. Wir sind abgeschnitten von der Welt. Super-GAU. Tatsächlich war der Server quasi vor der Kernschmelze. Aber eben nur kurz davor. Also doch großes Glück im Unglück? Ist was zu retten und wenn ja wie viel?
Nach dem ersten Schock erfolgt die Bestandsaufnahme: Per Mobiltelefon ist die Außenwelt zu erreichen. Drei Laptops mit UMTS-Sticks werden in den Ressorts verteilt. Zwar sind die Rechner auf den Stand von besseren elektrischen Schreibmaschinen zurückkatapultiert, aber Texte können abgespeichert und per Stick weiter befördert werden. Die Kollegen von dpa stellen freundlicherweise neue Zugänge zum Nachrichtenticker zur Verfügung, der über die Laptops abgerufen werden kann. Als die Passwörter ausgedruckt werden sollen, tut‘s der Drucker nicht. – Aber dann fehlte doch nur Papier.
“Die Redaktion nimmt's mit Humor” titelt die “Berliner Zeitung” und berichtet, dass die Redakteure “selbstironisch Innenansichten aus der havarierten Redaktion” twitterten.
Auch den “Potsdamer Neuesten Nachrichten” ist der Blitzeinschlag eine Meldung wert. Die Kollegen schreiben, der er habe uns “vor einige Herausforderungen” gestellt. Immerhin hätten wir dabei unseren Spaß nicht vergessen.
Ganz schnell war am Montag das Medienportal “Meedia.de”. Bereits gegen Mittag hieß es bei den Kollegen: “Neues Deutschland trifft der Schlag”. Auch hier nahmen es die Kollegen mit Ironie: “Und die Presse lügt doch: Am Montagmorgen berichteten die Berliner Medien, dass in der Nacht von Sonntag auf Montag ein kräftiges Gewitter über der Hauptstadt niedergegangen sei, es aber zu keinen weiteren Schäden gekommen sei. Von wegen.”
Auch die Kollegen der “Deutschen Presseagentur” versuchten zunächst verzweifelt, Kontakt aufzunehmen. Wie gut, dass in Zeiten des mobilen Internets viele nd-Kollegen fleißig twitterten. Am Ende konnten sie Chefredakteur Tom Strohschneider mit den Worten zitieren: »Wenigstens die Kaffeemaschine geht.«
Hier zum Herunterladen: Die zwölfseitige Havarieausgabe vom 30. August 2016.
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