Blutige Gewalt im Hippie-Paradies

Drogendealer verletzt in Kopenhagens Freistadt Christiania Polizisten durch Schüsse schwer

  • Bengt Arvidsson, Stockholm
  • Lesedauer: 3 Min.

Das passt so gar nicht in das Bild der friedlichen Hippie-Kommune Christiania in Kopenhagen und dürfte ihren dringend benötigten Rückhalt im Volke deutlich schwächen. In der Nacht zum Donnerstag hat ein 25-jähriger Haschdealer zwei Polizisten und eine zivile Person niedergeschossen. Die Beamten waren auf einer Streife durch die alternative Siedlung und der für den Haschischhandel bekannten »Pusher Street«.

Bei einer Festnahme rastete der 25-jährige anscheinend aus und schoss einem der Polizisten in den Kopf. Ob der sehr junge Polizist überlebt, war am Donnerstag unklar. Den anderen Opfern schoss der 25-jährige Däne in die Beine. Er flüchtete daraufhin. Die Polizei leitete eine Großfahndung ein. Sie veröffentlichte ein Fahndungsfoto von einem jungen Dänen mit blauen Augen, langen braunen Haaren und Dreitagebart. Am frühen Morgen konnte sie ihn nach einer Schießerei im Flughafenvorort Kastrup festnehmen.

Der Täter ist durch Polizeikugeln schwer verletzt worden. Auch sein Zustand war am Donnerstag kritisch. Er hatte sich nicht ergeben wollen und soll zuerst geschossen haben. Ein Augenzeuge berichtete der Zeitung »Ekstra Bladet«, dass die Polizisten bemüht gewesen seien, dem niedergeschossenen Täter das Leben zu retten.

»Es berührt uns sehr, wenn einer unserer Polizisten schwer und lebensgefährlich verletzt wird. So etwas darf nirgendwo geschehen, dass einem jungen Polizisten in seinen besten Jahren in den Kopf geschossen wird«, sagte der Kopenhagener Polizeichef Thorkild Fogde sichtlich mitgenommen. »Ich hoffe, dass dies dazu führt, dass Christiania endlich aufwacht«, sagte er. Er sei sich bewusst, dass es auch »friedliche und gute Kräfte« in dem alternativen Stadtteil gebe. »Aber nun haben die Kriminellen wirklich eine Grenze überschritten«, sagte er. Die Christianiten müssten aufhören, das organisierte Verbrechen zu dulden, sagte er.

»Das sogenannte friedliche Christiania ist gescheitert«, sagte Justizminister Sören Pind. Der Vorfall werde Konsequenzen für die Freistadt haben. Auch Ausländerministerin Inger Stöjberg zeigte sich bestürzt. »Ich bin voller Wut. Ich hoffe diese abscheuliche Handlung macht Schluss damit, dass Christiania romantisiert wird, als Ort an den Schulklassen, Touristen und Familien Ausflüge unternehmen. Da ist nichts Romantisches mit Christianias Drogen- und Gewaltkultur und nichts kann diese Nacht wieder gutmachen«, schrieb die Ministerin.

In der Tat ist das Volk bereits gespalten, was Christiania angeht. In Kopenhagen tobten in den letzten Jahren immer wieder Bandenkriege mit offenen Straßenschießereien. Zwar hat niemand etwas gegen friedliche Hippies, wohl aber gegen deren Allianz mit organisierten Banden, die Christiania zum Drogenverkauf nutzen. Die in Mordfälle, Misshandlungen und Erpressungen verwickelte Rockerbande Hells Angels arbeitet seit Jahren mit den Blumenkindern für die Versorgung von Dänen und Touristen mit Drogen, ergaben Großrazzien, bei denen seit 2012 rund fünf Tonnen Drogen beschlagnahmt wurden.

In Christiania waren alle bestürzt. »Nun ist das passiert, was wir alle befürchtet haben«, kommentierte Christianit Simon Laugesen. »Christiania verurteilt das Geschehene. Christiania steht für Frieden, Liebe und Toleranz«, schrieb er. Nun werde man das als Grund nutzen, um Christiania ganz zu schließen, befürchtet der 62-jährige John Stöckel, der mit 19 Jahren in die Freistadt zog.

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