Wiesnfestung wird für München teuer

  • Sabine Dobel, München
  • Lesedauer: 3 Min.

Hotels verzeichnen weniger Buchungen, Wiesn-Tische werden storniert, zwei Trachtenvereine sagten für den Umzug zur Festwiese ab, Prominente streichen Einladungen: Die Angst hat das Münchner Oktoberfest erreicht. Aus Sicherheitsgründen dürfen erstmals keine großen Taschen und Rucksäcke mitgenommen werden. Ein mobiler Zaun sperrt die bisher noch offene Seite am Festgelände ab. An den Eingängen werden die Besucher kontrolliert.

»Das Thema Sicherheit steht ganz oben«, sagt der Wiesn-Chef und zweite Bürgermeister Josef Schmid (CSU). Er betont zugleich: München werde sich das Volksfest »nicht vermiesen lassen«. Seitens der Sicherheitsbehörden heißt es bisher unisono: Es gibt für die Wiesn keine konkrete Gefährdungslage. Dennoch ist die Stimmung schon vor dem Volksfest anders als sonst. »Ich geh heuer nicht auf die Wiesn« - den Satz hört man von vielen Einheimischen. Hoteliers verzeichnen eine geringere Nachfrage.

Regine Sixt sagte ihre traditionelle Damen-Wiesn mit Prominenten ab. Die Verantwortung für ihre mehr als 1000 Gäste könne sie nicht übernehmen, teilte die Unternehmerin mit. Auch für den traditionellen Trachten- und Schützenzug mit 9000 Trachtlern am Sonntag nach dem Anstich sagten zwei Vereine aus Sorge um die Sicherheit ab.

In diesem Jahr sollen 450 Ordner für Sicherheit sorgen, 200 mehr als bisher. Die Stadt muss für die Sicherheit mehrere Millionen Euro mehr hinblättern. Sicherheitsunternehmen sind in Zeiten von Terrorangst gefragt, die Stundensätze mit 60 Euro saftig. Medien zufolge kosten allein die Ordner 3,6 Millionen Euro. Dazu kommen eine neue Lautsprecheranlage für Warndurchsagen, zusätzliche Gepäckaufbewahrungsstellen und 350 Meter mobiler Zaun.

Voraussichtlich nächstes Jahr wird das alles auch auf die Preise durchschlagen. »Dass das Oktoberfest keine Billigveranstaltung sein kann, ist klar«, sagt Wirtesprecher Roiderer. »Alle Kosten, die mehr anfallen, schlagen sich auf die Preise von Produkten nieder.« Zum Beispiel auf die Maß Bier, die in diesem Jahr 10,40 bis 10,70 Euro kostet.

Der mobile Zaun war monatelang umstritten. Manche erinnerten besorgt an die tödliche Massenpanik bei der Loveparade in Duisburg. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD), der den Zaun jetzt verteidigt, war zunächst skeptisch. Kreisverwaltungsreferent Thomas Böhle (SPD) fragte noch im Juli: »Ist es denn möglich in einer sich anbahnenden Belastungssituation den Zaun in fünf Minuten hinzustellen und - beim Abfluss von der Wiesn - in fünf Minuten wieder abzubauen? Und kann denn nicht der Zaun sich als die Falle entpuppen, von der immer wieder die Rede ist?« Darüber hört man nun keine Debatten mehr.

Ursprünglich sollte der Zaun gegen eine mögliche Überfüllung helfen - die bis vor kurzem noch als Hauptgefahr galt. Bis zu 500 000 Menschen schieben sich an manchen Tagen über das rund 30 Hektar große Areal. Dann wird es teils so eng, dass Zelte kaum zu evakuieren wären und Rettungskräfte nur schwer durchkämen - egal, ob bei einem Anschlag, Brand oder Unfall. Zumindest an den Wochenenden werden die Besuchermassen weiter eine Hauptaufgabe sein. Dann wird sich zeigen, ob die zusätzliche Gepäckaufwahrung ausreicht und die Ordner die neuen Kontrollen meistern, ohne dass es lange Schlagen gibt. dpa/nd

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