Linke machen mobil gegen Nazis in Dortmund

Die viel beklagten »Dortmunder Zustände« verändern sich: Linke Gruppen organisieren Gegenwehr

  • Sebastian Weiermann
  • Lesedauer: 3 Min.

Einsatzwagen der Polizei prägten am vergangenen Freitag das Bild in Teilen der Dortmunder Nordstadt. Neonazis hatten eine Kundgebung angekündigt. Gegenprotest blieb in dem migrantisch geprägten Viertel, in dem auch viele Linke wohnen, nicht aus. Die »Dortmunder Zustände«, die Antifaschisten seit Jahren beklagen, haben sich verändert.

Auf dem Schleswiger Platz in der Nordstadt wollten Anhänger der neonazistischen Partei Die Rechte am Freitag gegen »Ghettoisierung« protestieren und ihre Solidarität mit den »letzten Deutschen« im Viertel zeigen. Rund um den Kundgebungsplatz der Rechten tummelten sich Gegendemonstranten. Eine von ihnen ist Iris Bernert-Leushacke. Die Mitarbeiterin der LINKEN-Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke ist seit Jahren gegen die Nazis in Dortmund aktiv. In dem Messerangriff auf einen jungen Linken Mitte August und weiteren Angriffen in den letzten Wochen sieht Bernert-Leushacke eine »neue Qualität« rechter Gewalt in Dortmund. Die Neonazis hätten durch einen erfolgreichen Großaufmarsch Anfang Juni Kraft getankt, nun seien sie versucht, »Stärke und Dominanz« zu zeigen.

Auch für Kim Schmidt von der Autonomen Antifa 170 war der Aufmarsch am 4. Juni der Knackpunkt. Durch die Abriegelung ganzer Stadtteile habe die Polizei den Nazis bei einer erfolgreichen Selbstinszenierung geholfen. Schmidt analysiert: »Für die länger Aktiven war es ein Zeichen, dass Dortmund weiterhin ein attraktiver Anlaufpunkt für Großaufmärsche ist. Für jüngere ›Kameraden‹, die ansonsten nur den Spießrutenlauf bei meist zahlenmäßig der Antifa deutlich unterlegenen Kundgebungen kennen, zeigt es, was sie erreichen können.«

Im BlockaDO-Bündnis haben sich seit mehr als zwei Jahren Gruppen von den Grünen bis zur Antifa zusammengeschlossen, ihr Ziel: Naziaufmärsche blockieren. Dies war am Anfang auch erfolgreich. Aber die Polizei hat sich in Dortmund inzwischen auf Blockadekonzepte eingestellt und behindert nun die Blockierenden.

Bei kleineren Aufmärschen, wie am vergangenen Freitag, können Antifaschisten hingegen immer wieder Erfolge erzielen. Am Freitag wurden An- und Abreise der Rechten massiv verzögert. Ihre Kundgebung verhallte eingepfercht zwischen Polizeibussen und dem Gelächter von Anwohnern. Der große Protest gegen den Aufmarsch am Freitag hängt allerdings auch mit seiner besonderen Örtlichkeit zusammen.

Linke haben die Nordstadt in den letzten Jahren für sich entdeckt, mit dem »Nordpol« gibt es eine von einem Verein getragene linke Kneipe im Stadtteil, und im März eröffnete der anarchistische Buchladen »Black Pigeon«. Die Eröffnung des Buchladens wurde allerdings von eingeworfenen Fensterscheiben und Neonaziprotesten begleitet. Zudem versuchten erst vor zwei Wochen Rechte, Besucher einer Veranstaltung im »Black Pigeon« zu attackieren.
Die Neonazis, da sind sich Kim Schmidt von der Antifa und Iris Bernert-Leushacke von der LINKEN einig, setzen wieder verstärkt auf Gewalt. Beide betonen, dass in Dortmund schon fünf Menschen von Neonazis ermordet wurden, und kritisieren in diesem Zusammenhang auch die Polizei. Diese müsse ihre Strategie gegen Rechts überdenken.

Auch am Freitag zog ein Neonazi, der alleine in der Nordstadt unterwegs war, ein Messer. Den Antifaschisten gegenüber zeigte er den verbotenen »Kühnengruß«, eine Abwandlung des »Hitlergrußes«. Die Polizei hat am Montag via Twitter – in genervtem Ton – erklärt, dass sie Strafanzeigen gegen den Mann gestellt hat.

Am 24. September plant ein breites Aktionsbündnis unter dem Motto »Es reicht« eine große Demonstration gegen neonazistische Gewalt. Auch Iris Bernert-Leushacke ist an der Organisation der Großdemo beteiligt. Sie findet es bitter nötig, den Widerstand gegen Rechts auf breitere Füße zu stellen. Die eher zurückhaltenden Gewerkschaften und Sozialdemokraten werden wohl mitdemonstrieren, mit Blockadeaufrufen hat man in diesem Spektrum in Dortmund allerdings wenig am Hut.

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