Der Landtagspräsident und der heilige Zorn
Bremens Bürgerschaftsgebäude steht zwischen Weltkulturerbe-Bauten, doch Geld für seinen Erhalt ist kaum da
Offene Worte findet der Bremer Landtagspräsident Christian Weber (SPD) zum Tag des offenen Denkmals. Seit 17 Jahren ist Weber Chef im Haus der Bremischen Bürgerschaft, das er nach eigener Aussage hütet wie seinen Augapfel - und dessen Zustand er zugleich wortstark beklagt.
Obwohl erst 50 Jahren alt, steht das Bürgerschaftsgebäude bereits unter Denkmalschutz. Die unmittelbaren Nachbarn: der rund 1000 Jahre alte Bremer Dom, der etwa 600 Jahre alte Sitz der Bremer Kaufmannschaft, das rund 600 Jahre alte Bremer Rathaus mit der Rolandstatue davor. Eben diese meinte Weber, als er dieser Tage vor der geladenen Presse sagte, die da drüben hätten es besser, weil sie Weltkulturerbe seien und mit entsprechenden Mitteln aus internationalen Fonds in Stand gehalten werden.
»Wir stehen nur unter Denkmalschutz und müssen alles aus unserer eigenen Schatulle bezahlen«, sagt Weber weiter. Wie knapp es werden kann, zeigte sich vor gut einem Jahr, als die Stühle der Bürgerschaft erneuert werden mussten. Er hätte in diesem Zusammenhang unqualifizierte Dinge zu hören bekommen, so Weber. Denn Haushaltsnotlage hin oder her: Wer mal ein paar Stunden auf einem solchen Stuhl verbracht habe, wisse wie wichtig die Sitzqualität sei. Es sei sogar ein abgrundtief böser Vorschlag durchs Haus geschwirrt: Ikea-Stühle! Weber: Das Bürgerschaftshaus sei mit seinem Interieur ein Ensemble, das gepflegt werden müsse.
Einmal in Fahrt, holte der Landtagspräsident sogar zu Attacken auf andere aus: »Wir pflegen unser Haus - nicht so wie das Stadtamt oder das Standesamt.« Beide gehören in das Ressort des SPD-Innensenators Ulrich Mäurer. In beiden Häusern sind die Stühle allerdings das geringste Problem. Denn viele bleiben dort ohnehin leer, weil es viel zu wenig Personal gibt. Beide für die Stadtgesellschaft essenziellen Ämter wurden sogar zeitweise geschlossen.
Weber, der sich dankbar zeigt, im Bremer Landeskonservator Georg Skalecki einen »unverbrüchlichen« Verbündeten in Sachen Denkmalschutz zu haben, betont, dass der Stil des Hauses respektiert und nicht immer gleich alles, was als unmodern gelte, geschleift werden müsse. Salecki hatte beklagt, dass in Bremen viele schützenswerte Häuser abgerissen worden seien, noch bevor ein Denkmalschutzverfahren begonnen habe. Die Wohnungsnot und die Tatsache, dass Immobilien zu Wertschöpfungsobjekten geworden sind, bedrohen die Bremer Bestände älterer Gebäude, gerade auch alte Kaufmannsvillen. Landtagspräsident Weber sieht das Bremer Stadtbild in Zukunft sowieso von langweiliger Uniformität geprägt. Was den SPD-Mann so in Rage bringt, dass er seinen Unmut über den grünen Bremer Bau- und Umweltsenator Joachim Lohse bei jenem Auftritt beinahe in herbe Worte gekleidet hätte. Er kann sich aber beherrschen und macht bedeutungsvolle Pausen, wo das eine oder andere Adjektiv gepasst hätte. Schließlich wird Bremen von einer rot-grünen Koalition regiert. nd
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