Ein wackliger Syrien-Deal

Seit Montagabend sollten die Waffen schweigen, doch eine starke Rebellengruppe lehnt ab

  • Roland Etzel
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Außenminister Russlands und der USA, Sergej Lawrow und John Kerry, haben die Vereinbarung zuwege gebracht. Wer sonst, wenn auch erst nach einer Hängepartie. Eigentlich sollte es bereits Ende August soweit sein. Die Gründe für die Verzögerung sind vielfältig. Teils sind sie dem US-Wahlkampf geschuldet, der Kerry zaudern ließ, etwas mit Russland zu beschließen; teils war die Verzögerung der Suche beider Außenminister nach Kräften unter ihren Verbündeten geschuldet, die überhaupt bereit sind, eine Vereinbarung umzusetzen; schließlich galt es, die Interessen der regionalen Großmacht Türkei abzuklopfen, die ja bei den amerikanisch-russischen Vorabsprachen im Juli noch nicht auf dem Kriegsschauplatz aufgetaucht war.

Auch jetzt, nach Verkündung der zweitägigen Waffenruhe, scheint Ankara zwar nicht in das Agreement eingebunden zu sein, wird aber jetzt wohl nicht von sich aus weitere Attacken auf kurdisch beherrschte Gebiete in Syrien starten, um die USA nicht frontal zu provozieren. Washington agierte in den vergangenen 15 Monaten als regionale Schutzmacht der sich selbst Rojava nennenden kurdisch-syrischen Entität.

Die Waffenruhe sollte »mit Einbruch der Dunkelheit« für zunächst 48 Stunden gelten - auch das ein Fingerzeig auf die schwierige Festlegung. Hätte man gesagt »ab 18.00 Uhr« hätte ein Schuss nach 18.00 Uhr die Waffenruhe bereits gebrochen. Wer ohnehin gegen die Feuereinstellung war, hätte sie dann bereits für obsolet erklären können. So ist das in diesem Krieg schon ein Dutzend Mal praktiziert worden.

Und es gibt auch diesmal Kräfte, die sich nicht begeistert über den Kerry-Lawrow-Deal zeigen; allen voran die syrischen Regierungsgegner. Das verwundert zunächst, befinden sie sich derzeit doch eindeutig in der Defensive. Zwar sollen UNO-Organisationen mit zivilen Hilfslieferungen aller Art in die von Rebellen gehaltenen Stadtteile dürfen. Aber: Im Unterschied zu früheren Vereinbarungen sieht es so aus, als hätten die Regierungsgegner während der Feuerpause vor allem in Aleppo keine Verbindung zu ihrem türkischen Hinterland. Sie bekämen also keine Gelegenheit, Nachschub an Waffen oder auch neues Personal heranzuschaffen. Die syrische Armee hat erklärt, den Ring um die Stadt wieder geschlossen zu haben, und die Reaktion der Rebellen scheint das zu bestätigen.

Die UNO, ebenso Kerry, haben die Notwendigkeit einer Waffenruhe-Vereinbarung vor allem mit der humanitären Notsituation begründet und müssen nun erleben, dass die Rebellenmilizen zumindest auch auf anderes spekuliert hatten. Jedenfalls erklärte die momentan kampfstärkste Rebellenformation Ahrar al-Scham, die »Freien Männer der Levante«, am Sonntagabend laut AFP ihre Ablehnung der von Russland und den USA erzielten Vereinbarung. Diese würde nur der Regierung in Damaskus nutzen, erklärte sie.

Syriens Präsident Baschar al-Assad hat der Waffenruhe zugestimmt - und strotzt vor Selbstbewusstsein. Am Dienstag zeigte er sich mit christlichen, drusischen und muslimischen Geistlichen in der jahrelang von der Opposition gehaltenen Stadt Daraya.

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