Neues Netzwerk unterstützt unbegleitete Geflüchtete

Das Bündnis »not alone« will 5000 Minderjährigen eine Perspektive für die Integration in die Gesellschaft bieten

  • Shahnoz Bakhtiyorova und Johanna Treblin
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Angebote der Jugendhilfe für unbegleitete minderjährige Geflüchtete müssen ausgebaut werden, forderte Reiner Felsberg, Geschäftsführer des Marburger Bundes Berlin-Brandenburg, am Montag. Felsberg stellte ein neues Netzwerk aus 13 Bündnispartnern vor, die jungen Geflüchteten eine »Perspektive für die Integration in die Gesellschaft« geben wollen. »Not alone« heißt das Netzwerk, dem auch Vivantes, der Landessportbund, der Internationale Bund, die Bertelsmann-Stiftung und das Paul Gerhardt Werk angehören.

Felsberg kritisierte bei der Vorstellung des Netzwerks, dass viele Geflüchtete aus der Jugendhilfe fallen, sobald sie das 18. Lebensjahr erreicht haben. »Das ist viel zu früh, damit gehen alle Erfolge verloren.« Stattdessen müssten sie länger »begleitet und behütet« werden. Tatsächlich erlaubt das Jugendhilferecht, junge Geflüchtete bis zu ihrem 27. Lebensjahr in staatlicher Obhut zu behalten.

Rund 5000 als solche definierte »unbegleitete minderjährige Flüchtlinge« leben derzeit in Berlin, 1500 kamen allein 2015 in die Hauptstadt. 1000 sind nach Angaben der Senatsverwaltung für Jugend noch nicht in Obhut der bezirklichen Jugendämter, 800 von ihnen aber bereits im sogenannten Clearingverfahren. Das Clearing dient dazu, die Hintergründe der Flucht zu erfahren, herauszufinden, ob die jungen Menschen Verwandte in Deutschland haben und ob sie in Berlin bleiben oder weiterreisen möchten. Derzeit dauert es etwa drei bis vier Monate. Anschließend bekommen sie einen gesetzlichen Vormund, werden in einer Jugendhilfeeinrichtung untergebracht und können einen Asylantrag stellen.

Das Netzwerk möchte den Jugendlichen helfen, bürokratische Hürden zu überwinden. Und: »Neben den formalen Geschichten muss auch Zeit für ein normales Leben sein«, sagte Hubert Hellmann, Regionalleiter des Paul Gerhardt Werks, einer Einrichtung der Jugendhilfe. Deshalb setzt »not alone« auf gemeinsame kulturelle und sportliche Aktivitäten und organisiert Abendessen, um Geflüchtete und Ehrenamtliche zusammenzubringen. Junge ehrenamtliche Mentoren helfen den Jugendlichen, einen passenden Sportverein zu finden, ein Fahrrad zu bekommen oder Musikunterricht zu erhalten, sagte Friedemann Egender, ein junger Arzt, der die Koordinierung der Ehrenamtlichen übernommen hat.

Bis jetzt habe er vor allem unter Medizinstudenten nach Lotsen gesucht, die Lust haben, »neben dem Tragen von Refugees-Welcome-T-Shirts auch ins Handeln überzugehen«, sagte Egender. Unter angehenden Ärzten zu werben, sei für ihn naheliegend, künftig will »not alone« aber auch an andere Studierende herantreten.

Dass sich auch Marburger Bund und Ärztekammer im Netzwerk engagieren, liege an der »Historie«, sagte Felsberg. Als vor rund einem Jahr die Flüchtlingszahlen stark angestiegen waren, kümmerten sich rund 800 Ärzte ehrenamtlich um die neu ankommenden Menschen. Aus dem Engagement habe sich der Wille entwickelt, auch künftig junge Geflüchtete zu unterstützen. »Helfen ist unser Beruf«, sagte Günther Jonitz, Präsident der Ärztekammer Berlin. Ärzte dienten nicht nur ihren Patienten, sondern auch der Bevölkerung: »Humanität ist einer der Grundwerte unserer Gesellschaft.«

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