Flyer gegen Abschiebung sorgt in Sachsen für Kritik

Flüchtlingsrat gab in einem Papier abgelehnten Asylsuchenden Tipps, wie sie sich einer Ausweisung gewaltlos entziehen

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.

Dresden. Der Sächsische Flüchtlingsrat hat mit einem Flyer zur Abschiebung abgelehnter Asylbewerber den Unmut der Dresdner Landesregierung auf sich gezogen. In dem Papier hatte die Organisation unter anderem beschrieben, welche rechtlichen Grauzonen es gibt, um sich gewaltlos gegen eine Ausweisung zu wehren, auch wenn der Betroffene etwa bereits im Flugzeug sitzt. »An Bord angekommen, ruft lautstark, macht die Crew und andere Passagiere auf euch aufmerksam und betont, dass ihr nicht freiwillig fliegt«, hieß unter anderem in dem Flyer.

Der Flüchtlingsrat begründete die Informationskampagne damit, dass man sich selbst als eine Organsation sehe, die die Interessen Geflüchteter vertrete. Dies schließe auch Menschen ein, die aus den stark umstrittenen sogenannten sicheren Herkunftsländern kommen. »Weil es nicht so einfach ist, zu pauschalisieren, wie sicher ein Herkunftsstaat ist und viele Menschen wirklich in großer Verzweiflung, Not und Angst sind, wenn sie von ihrer Abschiebung erfahren. Und unsere Informations- und Fürsorgepflicht hört nicht beim Negativbescheid auf«, begründete Vereinssprecher Thomas Hoffmann gegenüber dem MDR den Flyer, welchen der Flüchtlingsrat bereits seit Juli verbreitete.

Von Seiten der CDU erntete die Flüchtlingsorganisation heftige Kritik. So forderte der sächsische Innenminister Markus Ulbig, der Verein müsse sich an geltendes Recht halten. Der Ausländerbeauftragter Geert Mackenroth erklärte, dass jeder Abschiebung ein rechtsstaatliches Verfahren vorausgehen würde und Gegenwehr fatal sei. Zudem verwies er auf die Möglichkeit einer Prüfung durch die Härtefallkommission. Auch aus den Reihen des CDU-Koalitionspartners SPD gab es Kritik am Flüchtlingsrat. Der Flyer sei ein »Aufruf zu einer Ordnungswidrigkeit« gewesen, kritisierte Integrationsministerin Petra Köpping. Ähnlich wie Mackenroth betonte sie, gerade »bei Abschiebungen und ähnlichen Themen« arbeitete man »hart am Gesetz«.

Den Vorwurf, der Flüchtlingsrat veröffentliche Termine von Abschiebungen, wies Hoffmann allerdings zurück. Die Informationen dazu seien einer öffentlich zugänglichen Website aus Baden-Württemberg entnommen, erklärte er in der »Sächsischen Zeitung«.

Aus den Reihen der Rechtspartei AfD wurden sogar Stimmen laut, die eine Streichung der finanziellen Förderung des Flüchtlingsrates durch den Freistaat ins Spiel brachten. »Das Beste wäre wahrscheinlich, wenn der Flüchtlingsrat sich auf seine zivilgesellschaftliche Arbeit konzentriert und ohne Fördergelder seine Arbeit macht«, so der Landtagsabgeordnete Jörg Urban. Doch obwohl der Rat auch finanzielle Mittel der Landesregierung erhält, haben diese mit dem umstrittenen Flyer gar nichts zu tun. Das Geld hierfür kam von der Menschenrechtsorganisation Pro Asyl.

Auch könne der Flüchtlingsrat den Vorwurf nicht verstehen, er bewege sich mit seiner Arbeit außerhalb der Rechtsstaatlichkeit und bezeichnete die Kritik als absurd, zumal der entsprechende Text bereits vor Wochen entschärft worden sei.

Unterstützung erhält der Verein aus den Reihen der LINKEN: Schaue man sich an, was es in den letzten Monaten an Asylrechtsverschärfungen gab, »dann wünsche ich mir tatsächlich einen Flüchtlingsrat, der auch frech ist, die Möglichkeiten ausschöpft und Geflüchtete darauf hinweist, was sie für Möglichkeiten haben. Und das geht manchmal auch in rechtliche Grauzonen«, so die Sprecherin für Migrations- und Flüchtlingspolitik der Linksfraktion, Juliane Nagel.

Der Flüchtlingsrat gilt als einer der schärfsten Gegner der sächsischen Abschiebepraxis. Ende Juni hatte der Verein gemeinsam mit Pro Asyl die Pläne von Innenminister Ulbig kritisiert, die Fallzahlen deutlich zu erhöhen und dafür notfalls auch Trennungen von Familien und die Gefährdung der Gesundheit in Kauf zu nehmen. Kaum irgendwo werde derzeit »so brutal abgeschoben wie in Sachsen«, warnten die beiden Organisationen. Dem Minister warfen die Flüchtlingsinitiativen vor, sich gegenüber AfD und der rassistischen Pegida-Bewegung als »handlungsfähiger Politiker profilieren« zu wollen.

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