Regierung will Lager in Calais und Paris räumen
12 000 Flüchtlinge sollen im ganzen Land Unterkunft finden / Rechte schürt Widerstand und Hass
Das Bild improvisierter Zeltlager oder Camps von Hütten aus Brettern und Folien soll in absehbarer Zeit der Vergangenheit angehören, so die Pariser Regierung. Stattdessen sollen in großer Zahl »Aufnahme- und Orientierungslager« (Centres d'accueil et d'orientation - CAO) entstehen. Die seit November 2015 bereits eingerichteten 161 CAO haben heute eine Kapazität von zusammen 3000 Plätzen. Bis Ende Oktober sollen 1000 hinzukommen, bis Jahresende weitere 8200. Die Zahl der zu schaffenden Plätze steht im Verhältnis zur Bevölkerungszahl der jeweiligen Region und reicht von 760 in der Bretagne über 1000 in Hauts-de-France ganz im Norden bis 1784 in der Region Auvergne-Rhône-Alpes.
Widerstand gegen diese Pläne wird nicht nur durch den rechtsextremen Front National geschürt, sondern auch durch die rechtsbürgerliche Oppositionspartei der Republikaner (LR), die Skepsis oder Ablehnung in der Bevölkerung anheizt und für ihre Zwecke instrumentalisiert. So wurde kürzlich in Forges-les-Bains bei Paris ein für Ausländer vorbereitetes Haus durch Brandstiftung zerstört; ein großer Teil der Bevölkerung steht hinter diesem Gewaltakt.
Laurent Wauquier, LR-Ratspräsident der Region Auvergne-Rhône-Alpes, wo sich die Zahl der Plätze von 379 auf 1784 erhöhen soll, erklärte: »Diese Maßnahme ist inakzeptabel. Das lassen wir uns nicht gefallen.« Statt eines »Dschungels in Calais« würden im ganzen Land »viele kleine Dschungel« entstehen. Er kündigt unumwunden an, dass er den Widerstand in den betroffenen Städten und Gemeinden organisieren und notfalls selbst mitdemonstrieren werde.
Das sieht der sozialistische Innenminister Bernard Cazeneuve ganz anders: »Es ist unerlässlich, dass die verschiedenen Territorien unseres Landes einen Teil dieser unglücklichen Menschen aufnehmen, damit das humanitäre Drama in Calais endlich ein Ende hat.« Da der Minister Widerstand einkalkuliert, hat er in einer internen, aber in die Medien gelangten Anweisung die Präfekten, die Repräsentanten des Staates in den rund 100 Departements des Landes, aufgefordert, geeignete Gebäude zu finden und entsprechend vorzubereiten. Dabei sollten sie die Bürgermeister und andere gewählte Vertreter der betroffenen Bevölkerung nicht konsultieren und erst recht nicht um ihre Zustimmung bitten. Es handele sich um eine staatliche und von der Regierung bezahlte Maßnahme.
So kommen als Unterkünfte vor allem ehemalige Kasernen, Krankenhäuser, Postämter, Schulen oder andere öffentliche Gebäude sowie stillgelegte Fabriken und Lagerhäuser in Frage, aber auch Feriensiedlungen, die im Besitz öffentlicher Einrichtungen oder Staatsbetriebe sind. Jedes CAO soll zwischen 100 und 300 Flüchtlinge aufnehmen, für deren Unterbringung und Verköstigung pro Tag maximal 25 Euro veranschlagt werden. »Die Zahl von 12 000 menschenwürdig unterzubringenden Ausländern ist für Frankreich vergleichsweise wenig«, gibt ein Kommentator zu bedenken. »Deutschland hat das längst für mehr als eine Million geschafft.«
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