Kommende Bahntarifrunde mit weniger Stress
Lokführergewerkschaft GDL mit moderater Lohnforderung / Eisenbahngewerkschaft EVG wertet Befragung aus
Wenn Tarifverhandlungen bei der Deutschen Bahn vor der Haustür stehen, dürfte dies bei vielen Menschen ungute Erinnerungen wecken. Denn die Streiks der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) zwischen Oktober 2014 und Mai 2015 hatten zeitweilig zu massiven Einschränkungen des Schienenverkehrs geführt, von denen auch Millionen Berufspendler betroffen waren. Dabei ging es nicht in erster Linie um die eigentliche Lohnerhöhung, sondern um das Recht der GDL, nicht nur für Lokführer, sondern für das gesamte Fahrpersonal, also auch Zugbegleiter, Lokrangierführer, Disponenten und Bordgastronomen, einen eigenständigen Tarifvertrag abschließen zu können, was die Bahn und die konkurrierende, dem DGB angehörende Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) mit allen Mitteln zu verhindern suchten.
In der am 1. Juli 2015 beendeten Schlichtung unter Leitung von Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linkspartei) und dem SPD-Politiker Matthias Platzeck konnte der Konflikt weitgehend entschärft werden. Die GDL kann künftig für das gesamte Fahrpersonal Tarifverträge abschließen, Bahn AG und EVG halten an ihrem Ziel fest, inhaltlich unterschiedliche Tarifverträge innerhalb einzelner Mitarbeitergruppen zu verhindern. Falls dies zu Konflikten führt, muss künftig eine obligatorische Schlichtung stattfinden. Erst wenn diese scheitert, hätte die GDL die Möglichkeit, ihren Tarifforderungen mit Streiks Nachdruck zu verleihen.
Danach sieht es derzeit nicht aus. Beide Gewerkschaften haben die auslaufenden Tarifverträge zum 30. September gekündigt, die ersten Verhandlungsrunden sind für Mitte Oktober geplant. Während die Tarifkommission der GDL ihre Forderungen bereits verabschiedet hat, ist die EVG noch mit der Auswertung einer Mitgliederbefragung beschäftigt.
Dabei gehe es um die Gewichtung der Bereiche Lohnerhöhung, Arbeits- und Freizeit, Weiterbildung und Altersvorsorge für die Tarifrunde, erläuterte EVG-Sprecher Uwe Reitz auf nd-Nachfrage. Am 28. September sollen die Forderungen von der Tarifkommission endgültig verabschiedet werden. Reitz bekräftigte, dass man auch diesmal unter allen Umständen verhindern wolle, dass es für einzelne Berufsgruppen unterschiedliche tarifliche Regelungen je nach Gewerkschaftszugehörigkeit geben wird. Man wolle »das Prinzip der Tarifeinheit verteidigen«.
Die GDL geht mit der Forderung nach vier Prozent mehr Entgelt in die Verhandlungen, was auf den ersten Blick recht defensiv anmutet. Allerdings will die Gewerkschaft zusätzlich die Vergütungsstruktur bei einigen Berufsgruppen verändern. Bei den Lokführern soll die Eingangsvergütung und bei den Zugbegleitern die Endstufe nach 25 Berufsjahren jeweils deutlich erhöht werden. Ferner wird eine Anhebung und Vereinheitlichung der Nacht- und Feiertagszuschläge angestrebt. Weitere Forderungen betreffen die Arbeits- und Ruhezeitregelungen.
Mit einer Zuspitzung des Tarifkonflikts wie in der vergangenen Runde rechnet derzeit keiner der Beteiligten. Allerdings werde man sich das hart erkämpfte Recht auf die eigenständige tarifpolitische Vertretung aller Berufsgruppen des Zugpersonals auf keinen Fall streitig machen lassen, betonte GDL-Sprecher Stefan Mousiol gegenüber »nd«.
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