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Fliegeninvasion vertreibt Kirchenbesucher

Im pfälzischen Reifenberg ist das katholische Gotteshaus wegen zahlloser Insekten unbenutzbar

  • Simon Ribnitzky, Reifenberg
  • Lesedauer: 3 Min.

Die dünnen Rohre sind übersät mit schwarzen Punkten - mit Fliegen. Toni Hüther deutet auf die langen Metallstangen, an denen die Lampen von der Decke der Kirche hängen: »Ich habe es schon mit einem Besen versucht, ein paar tote Fliegen sind runtergefallen, aber der Rest ist einfach weggeflogen«, erzählt der 69-Jährige, der sich um das Gotteshaus kümmert. Gottesdienste sind hier im Moment nicht möglich. »Die Fliegen sind überall, haben sich in den Haaren der Leute verfangen«, sagt Hüthers Frau Michaela, die Bürgermeisterin des Dorfes. »So etwas habe ich noch nicht erlebt, es ist mir ein absolutes Rätsel.«

Reifenberg ist ein 800-Einwohner-Dorf in der Südwestpfalz. Gottesdienst findet in der katholischen Kirche St. Wendelin nur alle zwei Wochen statt, der Pfarrer muss mehrere Gemeinden bedienen. Vor der Kirche in schlichtem Weiß riecht es nach Landwirtschaft und Viehhaltung. Schafe blöken, Kühe schreien, auf der gegenüberliegenden Straßenseite stehen Traktoren und landwirtschaftliches Gerät. An der Holztür des katholischen Gotteshauses hängt noch ein Zettel vom Vorabend: »Die Andacht findet heute Abend im Pfarrheim statt.«

Durch die gekippten Fenster müssen die Fliegen in die Kirche gelangt sein, vermutet Michaela Hüther. Los ging es Anfang vergangener Woche, als die Temperaturen noch bei über 30 Grad lagen. »Draußen war es den Fliegen wohl zu heiß und trocken«, vermutet Hüther. In der Kirche sei es schließlich immer ein bisschen kühler, die Luft feuchter.

Der Schädlingsbekämpfer Jürgen Vettel hält diese Erklärung ebenfalls für wahrscheinlich. »Die müssen da hitzebedingt reingeflogen sein.« Eine hohe Luftfeuchtigkeit tue ein Übriges, um die Insekten anzulocken.

Die Herbstsonne scheint aufs Kirchendach von St.Wendelin, ein Summen und Brummen erfüllt den ganzen Raum. »So laut war es die letzten Tage nicht mehr«, sagt Toni Hüther und wirft bange Blicke in Richtung Decke. Zwischen der Holzdecke und dem Boden des darüber liegenden Speichers befinde sich ein Hohlraum, gut einen halben Meter hoch, erklärt Hüther. »Gut möglich, dass die Fliegen da ihre Eier ablegen - dann steht uns noch einiges bevor.« Hüther hat sich eingehend mit der Materie befasst: Neue Fliegen schlüpfen innerhalb von drei Tagen.Trotzdem sei es lange nicht mehr so schlimm wie vor einer Woche. Hüther deutet auf die Kante zwischen Wand und Decke. »Da war über die gesamte Länge der Kirche alles schwarz vor Fliegen, ein mindestens zehn Zentimeter breiter Streifen.« Orgel, Kirchenbänke und Altar hat man vorsichtshalber in Malerfolie gehüllt. Alle paar Tage kehrt Hüther die Fliegenleichen auf dem Boden zusammen. Eines scheint klar: Von allein wird die Kirche so schnell nicht fliegenfrei.

Am Donnerstag sollte deshalb der Kammerjäger kommen. »Man kann das ja so nicht lassen«, sagt die Bürgermeisterin. Mit Biowirkstoff soll eine Spezialfirma den Insekten zu Leibe rücken. »Gottesdienst ist erst wieder Samstag nächster Woche«, sagt Hüther. »Bis dahin haben wir das Problem hoffentlich im Griff.« dpa/nd

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