Finanzchaos, Korruption, Machtkämpfe
Auch das Kabinett Abadi kann Irak nicht regieren
Die irakische Regierung befindet sich am Rande der Handlungsunfähigkeit: Nachdem das Land bereits seit einiger Zeit ohne Innen- und Verteidigungsminister ist, hat das Parlament nun Finanzminister Hoschyar Zebari das Misstrauen ausgesprochen. Der Parlamentsausschuss für Integrität will überdies Untersuchungen gegen Außenminister Ibrahim al-Jaafari einleiten. Medien und Öffentlichkeit beschuldigen die beiden Politiker der Korruption, die bereits seit Wochen für Massenproteste sorgt.
Beide bestreiten die Vorwürfe. »Es gibt Kräfte in diesem Land, die alles daran setzen, die Regierung zu schwächen, um ihre eigenen Ziele zu erreichen«, sagt Zebari. Seine Partei, die Demokratische Partei Kurdistans (KDP), wirft vor allem Ex-Ministerpräsident Nuri al-Maliki vor, er versuche seinen Nachfolger Haider al-Abadi aus dem Amt zu drängen, um selbst an die Macht zurückzukehren.
Doch viele Parlamentarier, darunter auch einige KDP-Politiker, haben sich im Angesicht der öffentlichen Debatte dem Kampf gegen Korruption verschrieben - ein Problem allerdings, dass sich nicht an einzelnen Politikern festmacht. In einem Bericht des Integritätsausschusses wird detailliert beschrieben, wie Funktionäre der einzelnen Parteien Druck auf Minister ausüben, damit diese öffentliche Mittel für von der jeweiligen Partei festgesetzte Zwecke abzweigen. Was auf der Liste stehe, sei wiederum davon abhängig, wer wieviel dafür bezahlt. Auf diese Weise sei ein großer Teil des Staatshaushaltes »der Bevölkerung vorenthalten« worden, so der Bericht.
Versuche Abadis, der Praxis durch die Besetzung von Schlüsselposten wie den Ministerien für Infrastruktur oder Verkehr mit parteilosen Technokraten zu begegnen, sind weitgehend gescheitert: Die schiitische Daawa-Partei, der Abadi angehört, drohte dem Regierungschef mit Parteiausschluss und Unterstützungsentzug, falls er die Reform weiter verfolgen sollte. Zudem wurde das Wohnhaus von Infrastrukturministerin Ann Nafaa Awsei kurz nach ihrer Ernennung angegriffen.
Im Ausland wird die Entlassung Zebaris kritisch gesehen: Der irakische Staatshaushalt ist hoch defizitär; Zebari hatte gerade erst mit dem Internationalen Währungsfonds einen Kredit in Höhe von umgerechnet 4,76 Milliarden Euro ausgehandelt. liv
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