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3000 beteiligen sich am Schulstreik

Schüler wollen mit Aktion am Alexanderplatz Zeichen gegen Rassismus und den Rechtsruck setzen

  • Wladek Flakin
  • Lesedauer: 3 Min.

Es ist 10 Uhr morgens in Berlin. Die 17-jährige Schülerin Alex steht auf ihrem Schulhof. Ihre Haare sind blau, ihr Kapuzenpulli ist schwarz, in der Hand trägt sie ein Megafon. Aus den Fenstern der Klassenzimmer gucken hunderte Mitschüler. »Ihr könnt jeden Tag zur Schule gehen«, erklärt Alex. »Aber viele Menschen in diesem Land können das nicht. Lasst uns für Bildung für alle kämpfen!«

So begann der Schulstreik für ein paar Dutzend Schüler am Felix-Mendelssohn-Bartholdy-Gymnasium in Prenzlauer Berg. Solche Szenen spielten sich an Dutzenden Schulen ab. Am Donnerstag um 11 Uhr versammelten sich dann bis zu 3000 Schüler vor dem Roten Rathaus und liefen gemeinsam in einem Demo-Zug bis Gesundbrunnen. Das ist der sechste antirassistische Schulstreik in Berlin seit Anfang 2014.

Die Jugendlichen wollen ein Zeichen gegen die AfD setzen, aber auch gegen staatlichen Rassismus. Sie protestierten gegen Abschiebung und fordern den vollen Zugang zum Bildungssystem für Geflüchtete.

Bereits am 8 Uhr startete eine »Zubringerdemo« durch den Norden der Stadt. Bis zu 300 Schüler zogen von Schule zu Schule, und holten immer mehr Mitstreiter aus den Klassenzimmern raus. Bis zu 13 Fahrzeuge der Polizei begleiteten den Umzug. Vor jedem Schultor standen Polizisten mit schwarzer Kampfmontur und Schusswaffen. Sie haben Schüler nicht direkt am Verlassen des Geländes gehindert - aber einschüchternd wirkten sie allemal. »Sie haben sich sehr breit aufgestellt«, berichtet Ludiger, 15, von der Kurt-Schwitters-Oberschule, nachdem er an ihnen vorbeilaufen musste. »Scheinbar haben die Bullen Angst vor uns.«

Von der Elisabeth-Schule, wo Erzieher ausgebildet werden, schlossen sich auch 40 Menschen an. »Viele von uns haben Migrationshintergrund«, erzählt Hamsa, 28, »und hier in Weißensee hört man dumme Sprüche auf der Straße«. Die Schüler hier haben bereits an Streiks für den Tarifvertrag der Erzieher teilgenommen - jetzt wollen sie ein Zeichen gegen Rassismus setzen. Die Demonstration läuft an einem Laden der bei Rechten beliebten Klamottenmarke »Thor Steinar« vorbei, Parolen werden skandiert.

Die Streikenden halten am Zionskirchplatz, wo die »Zivile Koalition« der AfD-Landesvorsitzenden Beatrix von Storch sitzt, und auch am Mauerpark, wo vor zwei Wochen Menschen aus Kamerun bei einem Grillfest von Nazis überfallen wurden. Ein Antifa-Aktivist ruft vom Lautsprecherwagen: »Niemand wird den Kampf gegen die AfD für uns führen, wir müssen das selber tun!« Er schlägt vor, Infostände der Rechten zu stören. »Dafür müssen wir nicht pumpen gehen, dafür brauchen wir nur Mut!«

Oskar, 17 Jahre alt, hat sich vor allem wegen des Wahlergebnisses der AfD dem Streik angeschlossen. »Zehn Prozent waren zu erwarten, aber die fast 15 Prozent waren ein Schock«, sagt er. Er selbst durfte nur für das Bezirksparlament wählen. Jugendliche konnten außerdem an der U-18-Wahl teilnehmen. Dabei stimmten nur 3,5 Prozent für die AfD. Von Oskars Schule, der Sophie-Scholl-Oberschule, sind rund 30 Schüler zur Demo gekommen. Jeden Montag geben sie Deutschunterricht für junge Flüchtlinge, die bei ihnen eine Willkommensklasse besuchen.

500 Geflüchtete aus Afghanistan bilden den Schluss der Demo. »Gleiches Recht für alle!« rufen sie auf Farsi und Dari. Die deutsche Regierung will Afghanistan zu einem »sicheren Herkunftsland« erklären, um Abschiebungen zu ermöglichen. Die Aktivisten antworten darauf mit Bildern von alltäglichem Gräuel in ihrer Heimat und einem großen roten Transparent: »Afghanistan ist nicht sicher.« Die Verständigung ist schwierig - die meisten sind erst seit wenigen Monaten in der Bundesrepublik und sprechen nur wenig Deutsch. Der 15-jährige Mohammed ging in Kundus zur Schule, seit einigen Monaten besucht er eine Willkommensklasse. Er will verhindern, dass Geflüchtete wie er abgeschoben werden.

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