Die Bücherpeitschung
Dostojewskis »Verbrechen und Strafe« am Schauspielhaus Bochum
Sie erzählen vom Peitschen und tragen Peitschen bei sich. Sie lesen Dostojewski vor, und der Text läuft als Band über die Bühnenrückwand. Das ist auch nötig, denn jeder der neun Schauspieler liest zwar aus dem Roman »Verbrechen und Strafe«, aber jeder brüllt für sich allein. Chorisches Chaos. Fast eine Viertelstunde lang. Ohrenbetäubende Gleichzeitigkeit eines vielstimmigen, undurchdringlichen Geschreis. Gelesen wird Raskolnikows Albtraum aus der Kindheit: Der kleine Junge muss die Peitschung eines Pferdchens bis zu dessen jammervollem Tod erleben. Eine aufgebrachte Horde tötet, im Buch, und eine aufgebrachte Horde liest. Als vernichte sie Text. Dir wird die Urszene menschlicher Erfahrung ins Gemüt gedröhnt: Einer erleidet früh den (sozialen) Schrecken, und immer gibt es zwei Wege ins Leben - die spätere Wiederholung oder die Abkehr. Wer geprügelt wird, prügelt oder wird zu einem Pionier der Güte. Wird Mönch oder Metzger. Jetzt Schweig...
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