Weit draußen in Europa

Bernd Zeller über mögliche politische Auswirkungen einer astronomischen Entdeckung

  • Bernd Zeller
  • Lesedauer: 3 Min.

In unserem heutigen Bericht befassen wir uns mit den zu erwartenden Auswirkungen einer wissenschaftlichen Sensation. Forscher haben nämlich Anzeichen für Leben in unserem Sonnensystem gefunden, genauer gesagt in Europa. Also extraterrestrisch. Dass es auf der Erde welches gibt, war bereits bekannt; nun aber geht es um den Jupitermond Europa. Dort wurde spritzendes Wasser entdeckt - demnach muss es dort jemanden geben, der es spritzt.

Mit unseren neuen Sonnensystempartnern stehen uns neue Herausforderungen bevor.

Das Leben wäre dann nicht einmal auf einem Planeten angesiedelt, sondern auf einem Mond. Um Diskriminierungen zu vermeiden, sollten die Monde umgehend den Planeten gleichgestellt werden. Schließlich haftet der Bezeichnung Mond eine Herabsetzung an, man denke an Formulierungen wie »lebt hinter dem Mond« oder »jemand auf den Mond schießen«. Wir haben ein Sonnensystem für alle.

Schwierigkeiten ergeben sich daraus, dass wir den Himmelskörper aus unserer einseitig sonnennäheren Perspektive Europa genannt haben. Der »heute-Show« überlassen wir gern die sich anbietenden Wortspiele über die europäische Lösung, die die Kanzlerin für alle Probleme anmahnt. Es sieht wieder nach einer europazentrierten Wissenschaft aus. Die anderen Kontinente könnten sich zurückgesetzt fühlen, schon gar nicht werden sich die Europabewohner in dieser Bezeichnung wiederfinden.

Dass der Mond nicht nach dem Kontinent benannt, sondern dass sein Name der griechischen Mythologie entnommen ist, macht die Sache nicht besser. Wir haben es uns gerade erst abgewöhnt, die griechische Mythologie anderen Kulturen überzustülpen, da dürfen wir nicht schon wieder damit anfangen. Eine Umbenennung kann aber erst vorgenommen werden, wenn bekannt ist, wie die Europabewohner ihren gleichgestellten Mond selbst nennen. Wobei zu hoffen ist, dass sie sich darüber nicht untereinander im Streit befinden.

Wenn doch, dann hätte unser Außenminister Steinmeier das Format, die Konfliktparteien an den Verhandlungstisch zu holen und vor weiterer Eskalation zu warnen. Die Wahrscheinlichkeit für diplomatische Erfolge ist sogar weitaus höher als etwa für solche des Wirtschaftsministers. Ein Freihandelsabkommen mit Europa hätte geringe Bedeutung, ebenso wenig besteht für Sigmar Gabriel die Gefahr, Waffenexporte nach Europa verantworten zu müssen, so dass Steinmeier einen guten Weg zur Aussicht auf ein robustes Friedensabkommen aller Beteiligter mit den Kräften der Zivilgesellschaft im Interesse eines dauerhaften Stabilitätsprozesses verkünden könnte.

Dies ist aber reine Spekulation; bisher wissen wir nur, dass man dort mit Wasser spritzt.

Bekannt ist allerdings auch, dass es dort kalt ist. Bitterkalt. Man könnte die Europabewohner mal fragen, wie sie das geschafft haben. Andererseits besteht die Gefahr, dass sie momentan gegen eine Klimaabkühlung ankämpfen und sich von uns Tipps zur globalen Erwärmung erhoffen.

Sollten die Europabewohner übereinstimmend europafreundlich gesonnen sein, dann dürfte die Zugehörigkeit zur Europäischen Union außer Frage stehen. Zahlungen mit Euro wären selbstverständlich. Martin Schulz und Jean-Claude Juncker hätten ein paar schöne neue Aufgaben. Welche, das finden sie schon selbst heraus. Für Glühbirnen ist es dort ohnehin zu kalt, diese wichtige EU-Richtlinie wäre also bereits umgesetzt.

Haben sie jedoch eine Kultur, in der sie sich gar nicht um die Sonne drehen und auch nicht um den Jupiter und in der es keine anderen Planeten gibt, wir also nicht existieren, schon gar nicht als gleichrangige Wesen - dann müssen wir dies tolerieren und auf Augenhöhe respektieren.

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