Keiner ist schneller als die Kariben
Vorläufiges Abkommen mit EU bereits seit 2009 in Kraft
Hazely Crawford, Ben Johnson, Linford Christie, Donovan Bailey und last but not least Usain Bolt: Die schnellsten Menschen der Welt haben gedopt oder ungedopt oft karibische Wurzeln oder gar eine entsprechende Staatsangehörigkeit wie der Jamaikaner und Neunfach-Olympiasieger Bolt. Und mit niemandem schaffte es die Europäische Union (EU) so schnell, ein Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (EPAs) auszuhandeln wie mit den karibischen Staaten: Es ist seit 2009 vorläufig in Kraft.
Eigentlich wollte die EU mit allen AKP-Staaten (Afrika, Karibik, Pazifik) bis Ende 2007 EPAs abschließen. Die 1995 gegründete Welthandelsorganisation (WTO) hatte neue Bestimmungen verabschiedet, denen die Vorläuferabkommen der EU mit den AKP-Staaten Lomé (1975-2000) und seitdem Cotonou nicht in Gänze entsprachen, sodass im Cotonou-Abkommen bereits die Ablösung durch die EPAs verankert wurde. Ende 2007 wurde das zwar auch nicht mit den im Karibischen Forum (CARIFORUM) organisierten 15 karibischen Staaten von Jamaika bis zur Dominikanischen Republik erreicht. Aber seit der Zustimmung durch das Europaparlament im März 2009 ist dieses EPA interimsweise in Kraft, auch wenn die Ratifizierung bei den meisten karibischen Staaten noch nicht vollzogen wurde und auch in vielen EU-Staaten noch nicht.
Die EU hängt ihrem Zeitplan insgesamt weit hinterher, weil die EPAs zwar Partnerschaftsabkommen heißen, aber weit mehr als die auf Präferenzen für die AKP-Staaten ausgerichteten Vorläufer auf Freihandel ausgerichtet sind - Freihandel unter Ungleichen. Die AKP-Staaten müssen ihre Märkte für die europäischen Staaten öffnen. Durch die ökonomische Überlegenheit der europäischen Länder werden den Entwicklungsländern aus den nunmehr reziproken Handelspräferenzen vermutlich Nachteile entstehen - Lomé und Cotonou waren asymmetrische Handelsabkommen zugunsten der AKP-Staaten.
Dementsprechend groß ist in vielen AKP-Staaten der Widerstand, dem sich die Regierungen nicht gänzlich entziehen können. Doch dem Druck der EU, die störrische Partner mit zeitweiligen Importstopps zum Einlenken brachte und bringt, dürfte auf Dauer keiner gewachsen sein. Zumindest vorläufige EPAs wurden und werden nach und nach geschlossen und der Vorläufigkeit sind wie bei CETA keine zeitlichen Grenzen gesetzt. Dabei ist bis 2016 noch keiner der karibischen Staaten in der Lage gewesen, die verabredeten gesetzlichen und politischen Regeln umzusetzen.
Für die CARIFORUM ist die EU der zweitwichtigste Handelspartner nach den USA. Das Handelsvolumen wird mit acht Milliarden Euro veranschlagt, wobei die CARIFORUM ein Defizit von 0,8 Milliarden Euro aufweist. Viele karibische Staaten sind zudem immer noch im Commonwealth. Den Brexit sehen sie als weiteren Schlag ins Kontor. ml
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