Ein Logo, ein Zeuge und die Folgen
Erfurter Ermittlungen gegen SED-Beauftragten eingestellt
Nachdem sie eine erste Einstellungsverfügung rückgängig gemacht hatte, beendete die Staatsanwaltschaft Erfurt nun zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate ihre Ermittlungen gegen den Thüringer Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Christian Dietrich. Im Ergebnis ihrer Arbeit habe die Behörde festgestellt, dass es keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass Dietrich sich einer Straftat schuldig gemacht habe, sagt ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Die Ermittlungen seien deshalb schon vor mehreren Wochen eingestellt worden. Für die Prüfungen seien auch Zeugen vernommen worden. Auch im Thüringer Landtag hält man die Vorwürfe gegen Dietrich nun endgültig für erledigt. Er selbst hatte stets seine Unschuld beteuert.
Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Erfurt hatten sich über Monate hingezogen. Dem Thüringer Landesbeauftragten war in einem Schreiben, das mit »Informative Petition« überschrieben worden war, unter anderem vorgeworfen worden, unüblich hohe Honorare an einen externen Dienstleister für die Neugestaltung des Behördenlogos gezahlt zu haben - und das, obwohl in der Behörde des Landesbeauftragten Mitarbeiter für solche Aufgaben vorhanden gewesen seien. Im Juli 2015 war die Existenz des Dokuments durch Medienberichte öffentlich geworden. Daraufhin hatte die Staatsanwaltschaft Untreue-Ermittlungen eingeleitet.
Anfang 2016 stellte die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen dann ein, weil sie nach Angaben eines Sprechers keinen Hinweis auf das Vorliegen von Straftaten finden konnte. Daraufhin meldete sich ein mutmaßlicher Zeuge bei den Strafverfolgern und machte Angaben zu den Vorwürfen, weshalb die Ermittlungen wieder aufgenommen werden mussten. Mit der erneuten Einstellung des Verfahrens nun bekräftigt die Staatsanwaltschaft ihre ursprüngliche Einschätzung.
Beim Thüringer Landtag sieht man nach zwei ergebnislosen Ermittlungsverfahren gegen Dietrich nun keinerlei Grund, noch irgendwelche weiteren rückwirkenden Prüfungen der Arbeit Dietrichs vorzunehmen. »Für uns ist die Sache erledigt«, sagt ein Sprecher der Landtagsverwaltung. Landtagspräsident Christian Carius (CDU) agiert als eine Art Dienstaufsicht über die Arbeit der Thüringer Landesbeauftragten.
Mindestens eine Konsequenz haben die zweiten Ermittlungen aber dennoch: Ein Mitarbeiter Dietrichs wird die Behörde wohl in absehbarer Zeit verlassen. Aus Kreisen des Landtages heißt es, man suche derzeit eine Stelle in der Landesverwaltung für ihn, auf die er gesetzt werden könne. Das sei allerdings alles andere als einfach. Auch deshalb, weil dieser Mitarbeiter jener Zeuge ist, der sich nach der ersten Einstellung der Ermittlungen gegen Dietrich der Staatsanwaltschaft anbot - und damit die zweiten Ermittlungen gegen seinen Chef auslöste.
Der Sprecher der Landtagsverwaltung wollte dieses Personalproblem in Folge der Ermittlungen nicht kommentieren. Er verwies auf die Vertraulichkeit von Personalangelegenheiten.
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