Mit knappem Budget die Lage im Griff?
570 000 Straftaten im Jahr 2015, 40 000 Verkehrsunfälle, 5000 Demonstrationen und Kundgebungen auch im Regierungsviertel - Berlin ist dennoch eine sichere und lebenswerte Stadt, nicht zuletzt dank der Arbeit der Polizei. Diese braucht aber mehr öffentliche Anerkennung, die sich künftig auch in besserer Bezahlung, Ausrüstung und Stellenausstattung niederschlagen muss. Diese Einschätzung traf Polizeipräsident Klaus Kandt am Donnerstag vor Vertretern von Wirtschaft und Politik im Berlin Capital Club.
Die Sicherheitslage in der Hauptstadt sei vor dem Hintergrund wachsender Terrorgefahr seit zehn Jahren angespannt. Dennoch habe die Aufnahme einer großen Zahl von Flüchtlingen eben nicht zu einem Anwachsen der Gefährdung oder der Kriminalität geführt. Seine Behörde habe von Anfang an deren Aufnahme und Integration unterstützt und mit Beobachtungs- und Präventionsmaßnahmen begleitet. Beamte hätten den Schutz von Asylunterkünften vor allem in Schwerpunktgebieten wie Marzahn-Hellersdorf, Treptow-Köpenick und Pankow gewährleistet.
Aus der Flüchtlingssituation habe sich kein erhöhtes Sicherheitsrisiko ergeben. Befürchtungen, der sogenannte Islamische Staat werde die Lage zur Einschleusung von Terroristen nutzen, hätten sich nicht bestätigt. Berlin lebe mit erhöhter Terrorgefahr, das bleibe noch Jahre so.
»Die Gewalt in der Stadt ist seit Jahren rückläufig. 2015 hat sie, auch die Zahl der Opfer betreffend, einen Tiefststand erreicht«, erklärte Kandt. Die Anwendung von Schusswaffen durch Täter gehe zurück, mit Sorge registriere er dagegen die Zunahme gefährlicher Messerattacken. Wichtig ist ihm: »Es gibt für uns keine No-go-Areas, wir gehen überall rein.« In diesen Zusammenhang stelle er allerdings auch den Polizeieinsatz gegen das linke Wohnprojekt in der Rigaer Straße 94. Generell verteidigte er das Vorgehen mehrerer Hundertschaften, räumte jedoch Fehler im Vorfeld der Aktion ein. Die Absprachen seien in einem zu kleinen Kreis erfolgt, vor allem habe es auch an juristischer Expertise gefehlt. »Das würde ich so nicht mehr machen«, gab er zu.
Problembereiche seien die seit Jahren zunehmenden Einbruchsdiebstähle vor allem in Wohnungen, die Taschendiebstähle und der Fahrradklau - oft durch professionelle Banden.
Die Polizei muss sich laut Kandt mit der wachsenden Stadt weiterentwickeln. Dafür müsse die Politik stabile Rahmenbedingungen und mehr finanzielle Freiräume schaffen. Er wolle eine moderne und effiziente Bürgerpolizei entwickeln, transparent und auf der Höhe ihrer Aufgaben. Dazu bedürfe es der Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern und IT-Experten. Auch an die Schaffung eines Kriminaltechnischen Zentrums und einer Abteilung Abwehr von Cyberkriminalität denke er.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.