Leiser Minister

PERSONALIE

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 2 Min.

Als der damals 36 Jahre alte Sebastian Gemkow im November 2014 zum sächsischen Minister für Justiz ernannt wurde, war das eine faustdicke Überraschung. Zwar hatte der CDU-Mann aus Leipzig Jura studiert und seit 2007 in einer Kanzlei gearbeitet. Im Landtag, dem er seit 2009 angehörte, war er aber nie mit Äußerungen zur Rechtspolitik in Erscheinung getreten. Den Platz im Kabinett, hieß es, verdanke er dem Regionalproporz in der CDU. Womöglich schwang auch Hoffnung auf familiäre Veranlagung mit: Gemkows Vater war 1990 Ordnungsdezernent in Leipzig geworden, sein Großonkel im gleichen Jahr Sachsens Innenminister. Der Urgroßonkel Hans Oster gehörte gar zum militärischen Widerstand gegen Hitler. Dennoch seufzte sein Anwaltskollege Klaus Bartl von der LINKEN, die Justiz hätte einen »starken Minister und selbstbewussten Fürsprecher« verdient.

In den zwei Jahren seit Amtsantritt hat sich der anfangs bubenhaft wirkende Gemkow indes nicht nur einen Vollbart wachsen lassen, er hat auch an Statur als Politiker gewonnen. Bei Richtern, Staatsanwälten und Gefängniswärtern genießt er ebenso Respekt wie im Landtag; Bartl spricht vom »besten Minister, den ich hatte«. Gemkow ist kein lauter Politiker, findet aber bei Bedarf klare Worte - etwa, als er eine »Verrohung« der Demonstrationskultur geißelte, weil bei Pegida ein Galgen für die Kanzlerin und deren Vize zur Schau getragen wurde. Er warnte vor einer Eskalation, die »brandgefährlich« sei. Ende 2015 musste er das am eigenen Leib erleben: Unbekannte warfen Pflastersteine und Buttersäure in die Wohnung, in der er, seine Frau und die zwei Kindern schliefen.

Gemkow deutete den Vorfall als Angriff auf die Justiz - deren Mitarbeiter, wie er einräumte, »an der Kapazitätsgrenze« arbeiteten. Er wolle mit »ganzer Kraft« auf mehr Stellen drängen, sagte er. Erste Erfolge verbucht er; ob es zu mehr reicht, steht indes zu bezweifeln. Nach dem Suizid des Terrorverdächtigen Dschaber al-Bakr in einem Gefängnis in Leipzig scheint der Minister kaum mehr im Amt zu halten zu sein - auch wenn mancher das bedauern wird.

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