Minderheiten bringen Mehrheit in Montenegro

Die DPS von Langzeitpremier Djukanovic will mit Hilfe diverser Kleinparteien an der Macht bleiben

  • Thomas Roser, Belgrad
  • Lesedauer: 3 Min.

Am Ende eines turbulenten Wahltags verspürten zumindest die Anhänger von Montenegros regierender Partei, der Demokratischen Partei der Sozialisten (DPS), Anlass zu demonstrativen Siegesfeiern. Hupend rasten die Autokolonnen, geschmückt mit Landesflaggen, über die Millennium-Brücke in der Hauptstadt Podgorica, während Langzeitpremier Milo Djukanovic kurz nach Mitternacht seinen ausgelassenen Mitstreitern mit eher ernster Miene erneut einen Wahlsieg verkündete: »Ihr freut euch zu Recht: Die DPS hat doch wieder gewonnen.«

Mit 41,1 Prozent der Stimmen ist die seit ihrer Gründung 1991 regierende DPS tatsächlich die mit Abstand stärkste Kraft. Doch klare Mehrheiten hat der von unzähligen Unregelmäßigkeiten überschattete Wahltag dem mit 625 000 Einwohnern kleinsten Balkanstaat nicht gebracht. Strippenzieher Djukanovic ist dennoch zuversichtlich, sich beim bevorstehenden Koalitionspoker mit Hilfe der ihm traditionell gut gewogenen Minderheitsparteien erneut eine hauchdünne Mehrheit zu schmieden. Schon in »kurzer Zeit« sei mit der Bildung einer neuen Regierung zu rechnen. »Montenegro bleibt auf dem Weg zur Mitgliedschaft in EU und NATO«, fügte er hinzu.

Mit der pro-russischen Demokratischen Front (20,6 Prozent), dem liberalen Oppositionsbündnis »Kljuc« (10,7 Prozent), den pro-europäischen Demokraten (10,5 Prozent) und der ehemaligen sozialdemokratischen Regierungspartei SDP (5,4 Prozent) kommen die vier größten, sich in der Frage des NATO-Beitritts jedoch keineswegs einigen Oppositionsparteien zwar auf 40 der insgesamt 81 Mandate.

Doch mit Hilfe der von der SDP abgespaltenen Sozialdemokraten, die sich mit 3,2 Prozent knapp über die Dreiprozenthürde hangelten, sowie mit den Parteien der albanischen, bosniakischen und kroatischen Minderheit könnte eine von der DPS geführte Koalition mit einer Ein-Stimmen-Mehrheit weiterregieren.

Für eine absolute Dominanz der DPS wie bisher sei eine derartige Mehrheit »nicht genügend«; daher hält der Analyst Zlatko Vujovic Kurskorrekturen für unausweichlich. Auch Analystin Dalibor Uljarevic bezeichnet die geschrumpfte Regierungsmehrheit als Warnung, dass die DPS ihre Politik, Auftreten und Kader »einschneidend« ändern müsse.

Nicht nur die Opposition, sondern auch die Wahlbeobachter der Bürgerrechtsgruppe MANS klagten erneut über zahlreiche Unregelmäßigkeiten am Wahltag. Nachdem MANS bereits im Vorfeld rund 50 000 Wahlberechtigte des aufgepumpten Wahlregisters als »sehr zweifelhaft« bezeichnet hatte, reichte die Organisation am Wahltag bei der Staatsanwaltschaft über 100 Klagen wegen versuchten Stimmenkaufs und Wählereinschüchterung in unmittelbarer Nähe von Wahllokalen ein.

Nicht nur die zeitweise Aussetzung der Viber- und Whats-App-Dienste überschatteten den hektischen Wahltag. Die Verhaftung von 20 serbischen Paramilitärs am Vorabend, die laut Staatsanwaltschaft angeblich die Entführung von Djukanovic und terroristische Anschläge planten, erhitzten zu Wochenbeginn noch immer die Gemüter.

Neben der Opposition deutete auch Serbiens Ministerpräsident Aleksander Vucic an, dass es sich bei den vermeintlichen Verhaftungen um eine wahltaktische Inszenierung gehandelt haben könnte: Für die angeblichen Anschlagspläne würde er gerne »echte und ernsthafte« Beweise sehen.

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