Rot-Rot-Grün braucht Apparat für neue Politik
Bald dürften die Spitzen der Verwaltung ausgetauscht werden
In der Verwaltung kommt so etwas gar nicht gut an. Wie der »Tagesspiegel« jüngst berichtete, sollen noch schnell drei persönliche Mitarbeiter des scheidenden Innensenators Frank Henkel (CDU) mit Posten versorgt worden sein. Für bisherige Stelleninhaber bedeutet das dann eine Versetzung, andere, die möglicherweise jahrelang auf die Position hingearbeitet haben, müssen zurückstehen. Dass eine alte Regierung ihre Getreuen bedenkt, ist indes nicht ungewöhnlich. Aufgrund des Einstellungstopps in den vergangenen Jahren waren die Möglichkeiten dafür konkret in Berlin jedoch nur eingeschränkt vorhanden.
Doch wie wichtig ist der Verwaltungsapparat für einen neuen Senat eigentlich? Schließlich hat beispielsweise die Linkspartei nichts weniger als einen Politikwechsel im Wahlkampf versprochen?
Fakt ist, dass jede Regierung auf den bestehenden Apparat aufsetzen muss. Wenn am Ende der laufenden Koalitionsverhandlungen die neuen Verwaltungen zugeschnitten und personell besetzt werden, bedeutet das zunächst kaum gravierende Veränderungen. Eine neue Senatorin, oder ein neuer Senator bringt selbst nur eine kleine Gruppe mit: meistens zwei Staatssekretäre, einen persönlichen politischen Referenten, die Büroleitung sowie einen Pressesprecher. »Den unmittelbaren, persönlichen Stab kann man neu besetzen«, sagt ein ehemaliges Regierungsmitglied dem »nd«.
»In den Verwaltungen gibt und gab es immer die Befürchtungen, dass nach einem Regierungswechsel personalpolitische Blutbäder veranstaltet werden«, sagt der emeritierte Politikprofessor Peter Grottian, der sich viele Jahre mit diesem Thema beschäftigt hat. Doch auch aus den Studien ergab sich: Der Austausch ist relativ gering, nur die Führungsstäbe werden neu besetzt. Und wenn sich die Mitarbeiter nicht illoyal verhalten, wird man sie auch nicht austauschen. Im Gegenteil, denn eine neue Regierung ist auf die Fachexpertise der Beamten angewiesen. Peter Grottian: »Die Vorstellung, jetzt wird richtig reiner Tisch gemacht, ist völlig falsch.«
Der angekündigte Politikwechsel von Rot-Rot-Grün muss also mit dem vorhandenen Beamtenapparat umgesetzt werden. Eine wichtige Frage ist es dabei sicherlich, wie die neue Senatsspitze auf die Ministerialbürokratie umgeht. Welcher »Führungsstil« gepflegt wird. Dass zum Beispiel ein konservativer Beamter die Pläne für ein ökologisches Stadtwerk hintertreibt, ist allerdings sehr unwahrscheinlich. »Meine Erfahrung ist, dass die Verwaltungsmitarbeiter loyal sind«, sagt das langgediente Berliner Regierungsmitglied.
Interessant ist für die Frage auch die Binnenperspektive der Beamten. »Wir sind als Verwaltung immer den Vorgaben gefolgt, die gefordert wurden«, sagt ein ehemaliger Referatsleiter, der seinen Namen nicht in der Zeitung sehen möchte. Andererseits, so berichtet der Beamte aus seiner jahrzehntelangen Erfahrung: Nach einem Regierungswechsel kamen die neuen Spitzenleute immer zu uns und fragten: »Was steht an?« Denn vieles, was in den Wahlprogrammen steht, war so indifferent, dass es sich gar nicht in konkrete Politik umsetzen ließ.
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