Kreisreformgegner formieren sich

Mit einer Volksinitiative wollen Oppositionspolitiker das rot-rote Reformprojekt stoppen

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 4 Min.

Mit einer Volksinitiative unter dem Motto »Bürgernähe erhalten - Kreisreform stoppen« gingen Vertreter der CDU-Fraktion und der Abgeordnetengruppe BVB/Freie Wähler am Donnerstag im Potsdamer Landtag an die Öffentlichkeit. Auch die derzeit nicht im Landesparlament vertretene FDP stellt sich hinter diese Pläne. Ein Erfolg dieser Initiative wäre ein erster Schritt auf dem Wege zu einem Volksentscheid. Kopf der Initiative ist der frühere Prignitz-Landrat Hans Lange (CDU).

Ihr Ziel sei es, eine Kreisreform zu stoppen, »welche die Landschaft Brandenburgs völlig auf den Kopf stellen würde«, sagte Lange, als er das Vorhaben im Landtag vorstellte. Es gehe darum, »die Kreise und kreisfreien Städte von heute zu erhalten«. Mit der Unterschriftensammlung solle am 1. November beginnen. Gegründet worden sei die Initiative von fünf Personen, darunter auch Dietlind Thiemann (CDU), die Oberbürgermeisterin von Brandenburg/Havel, und Hans-Peter Goetz, der vor Jahren Fraktionschef der FDP im Potsdamer Landtag war. Als Träger sei ein Verein gebildet worden, der sich durch Spenden und Beiträge selbst finanziere.

Es sei »sicherlich ein langer Weg, den wir vor uns haben«, mutmaßte Lange. Der Gesetzgeber hat in der Tat hohe Hürden für Volksinitiativen vorgesehen - um Erfolg zu haben, müssen die Initiatoren 20 000 gültige Unterschriften einreichen. Erst dann muss sich der Landtag mit deren Anliegen befassen. Sollte dieser dann dann den Zielen der Initiative nicht folgen, wäre als nächste Stufe ein Volksbegehren einzuleiten. Hierbei gilt es, landesweit 80 000 Stimmen zu gewinnen, die aber nicht gesammelt, sondern an offizieller Stelle abgegeben werden müssen. Werden diese Kriterien erfüllt, müsste der Landtag sich erneut mit dem Thema befassen. Bei Ablehnung wäre der Weg zu einem Volksentscheid frei.

Für die CDU sagte Fraktionschef Ingo Senftleben, seine Partei setze »auf Kooperation statt auf Zwangsfusion«. Es gelte, die Brandenburger zu fragen, »ob sie sich ihre Heimat so monsterkreismäßig vorstellen«, wie das im Plan der Landesregierung vorgesehen sei. Senftleben warf der von einer Koalition aus SPD und LINKE geführten Regierung vor, gegenüber der kommunalen Ebene überheblich zu agieren. Sie verweigere den Gemeinen und Kreisen die gebotene Anerkennung für die geleistete Arbeit in den vergangenen Jahrzehnten.

Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) hatte Anfang Oktober den Vorschlag der Regierung zur Neugliederung der Kreise vorgestellt. Er sieht neun Landkreise und als einzig verbleibende kreisfreie Stadt die Landesmetropole Potsdam vor. Der Neuzuschnitt der Kreisgrenzen sieht Fusionen aus den bisherigen 14 Landkreisen und den übrigen drei bislang kreisfreien Städten - Brandenburg/Havel, Frankfurt (Oder) und Cottbus - vor.

Laut Vorschlag der Landesregierung sollen beispielsweise die bisherigen Landkreise Prignitz und Ostprignitz-Ruppin miteinander verschmolzen werden. Auf die Frage, weshalb er als einstiger Landrat der Prignitz sich gegen die Wiedervereinigung der historischen Provinz stelle und sich sogar an den Kopf der Bewegung setze, bestätigte Hans Lange, dass er als Landrat Anfang der 1990er Jahre eine Kreisstruktur bevorzugt habe, welche als Option die Vereinigung von Prignitz und Ostprignitz vorgesehen habe. Denn die Prignitz sollte als Region und Kulturlandschaft erhalten bleiben. In der Tat würde nach den Plänen des Innenministers »die Prignitz einen Moment frisch vereinigt da stehen«, räumte Lange ein. Allerdings als eine Region die »nicht mehr selbstständig« wäre.

Für die Freien Wähler (BVB) erklärte der Abgeordnete Péter Vida, die Initiative wolle den vielen eine Stimme geben, die mit den Plänen der Landesregierung nicht einverstanden seien. Mit »vielen Hundert Zuschriften« hätten sich die Gegner an die Abgeordnetengruppe gewandt.

Er sei sicher, »dass wir genügend Stimmen für die drei Stufen zusammengekommen«, sagte Axel Graf von Bülow für die Brandenburger FDP. Er könne sich nicht vorstellen, dass ein Plan, den die Landesregierung faktisch »per Ordre Mufti« umsetzen wolle, von den Bürgern angenommen werde.

Unklar ist, welche Bedeutung der Ausgang des Begehrens überhaupt hat, wenn die Kreisgebietsreform zuvor vom Landtag bereits rechtsgültig beschlossen wurde.

»Tatsächlich wissen wir nicht, wie viele Menschen und wie schnell diese unterschreiben«, räumte Hans Lange ein. Doch erwarte er, dass der Gesetzgeber den bekundeten Entschluss ernst nimmt, diesen Weg bis zum Volksentscheid, das heißt bis zum Ende, zu gehen. Dies müsse Beachtung finden.

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