Neuanfang für größtes Bremer Krankenhaus
Planung für Frühchenstation wird jedoch auch kritisiert
Seit vor einigen Jahren in der Geburtsabteilung des größten Bremer Krankenhauses, des Klinikums Mitte, mehrere Frühchen durch multiresistente Keime ums Leben kamen, blieb die dortige Station für Risiko- und Frühgeburten geschlossen. Nun jedoch hat sich der Senat entschlossen, den vor sich hin dümpelnden Klinikneubau um eine gut ausgestattete Risiko- und Frühgeborenen-Abteilung zu erweitern. Bremens Gesundheitssenatorin Eva Quandte-Brandt (SPD) führt durchaus plausible Gründe für das Projekt an. Doch es gibt auch Kritik.
Beim Verbund der vier Freien Kliniken Bremens ist man sauer, weil weder Informationen noch Gesprächsangebote von der Gesundheitssenatorin kamen. Die beiden konfessionellen Krankenhäuser, die zum Verbund gehören, hatten das seinerzeit entstandene Vakuum unter anderem mit dem Neubau eines weiteren Kreißsaals gefüllt. Quandte-Brandt ließ die Kritik vor der Presse nicht gelten: Es sei nicht nötig gewesen, die Freien Kliniken zu informieren, schließlich übernähmen diese keine Risikogeburten. Auch sei deren Sorge um die künftige Auslastung unbegründet, es würde ihnen lediglich Überlastung abgenommen. Jedoch fügt die Senatorin an, dass in den geplanten drei Kreißsälen mit 24 Geburtsbetten auch »normale« Geburten durchgeführt würden, falls es freie Kapazitäten gebe.
Auch wiesen Quandte-Brandt und Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne) Kritik aus dem niedersächsischen Umland zurück, die vielen Schließungen kleiner Häuser in Bremens Peripherie seien auf die Angebote in der Hansestadt zurückzuführen.
Doch das Argument aus dem Hause der Gesundheitssenatorin, die kleinen Kliniken hätten aufgrund von Personalmangel schließen müssen, ist zweischneidig: Denn auch Peter Erlanson von der Bremer Linksfraktion weist auf den Mangel an Fachpersonal hin, der jedoch nicht nur für den ländlichen Raum gelte, sondern auch für Oberzentren. Womit er das Argument der Gesundheitssenatorin relativiert, ein solches Oberzentrum böte gute Fortbildungs- und Qualifizierungsmöglichkeiten und würde deshalb Fachpersonal anziehen.
Heidrun Gitter, Vorsitzende der Bremer Ärztekammer und Oberärztin in der Kinderklinik am Klinikum Mitte, äußerte sich im Bremer Regionalfernsehen verhalten optimistisch. Die Zusammenlegung aller Angebote für Kinder und Eltern inklusive der Geburtsabteilung biete gute Chancen. Die Frage nach hochspezialisierten Fachkräften sieht aber auch Gitter als Herausforderung. Es gebe die Möglichkeit, vorhandenes Personal weiter zu qualifizieren, aber insgesamt seien Spezialisten im Gesundheitswesen sehr gefragt.
Auch Linnerts Finanzierung der Baukosten für das Projekt von 23 Millionen Euro sorgt für Kritik. Sowohl Erlanson als auch Rainer Bensch, Gesundheitspolitiker der CDU-Bürgerschaftsfraktion, bemängeln, dass in der Summe die Kosten für medizinische Technik nicht enthalten sind. Bensch kritisiert zudem, dass 14 Millionen Euro aus dem Bremer Topf für allgemeine Investitionen genommen werden, obwohl es einen Investitionstopf für Krankenhäuser gibt.
Auch die Festlegung auf ein großes, zentrales Zentrum für Risikoschwangere und -geburten hat laut Erlanson und Bensch zwei Seiten. Es sei so möglich, Ausrüstung, Wissen und Spezialisten zu bündeln, andererseits sei damit wieder die Gefahr größer, dass bei einem Keimbefall Risikoschwangere in Krankenwagen von Bremen nach Hannover gebracht werden müssten.
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