Der IS wütet rund um Mossul
Offensive der irakischen Armee wird mit Massenhinrichtungen beantwortet
Es sind Nachrichten des Erfolges, die in diesen Tagen die offiziellen Verlautbarungen dominieren: Man habe dem Islamischen Staat (IS) in und um Mossul »schwere Verluste« zugefügt, sagt die irakische Militärführung; »wir haben die Lage vollständig unter Kontrolle«, sagt Militärsprecher General Jahja Rassul. Die Ziele für die ersten Tage der Offensive seien »mehr als erfüllt worden«, sagt das US-Verteidigungsministerium, das den Vormarsch auf die zweitgrößte Stadt Iraks mit Luftangriffen unterstützt: In den vergangenen eineinhalb Wochen seien mehr Angriffe auf die Ziele in der Stadt geflogen worden, als je zuvor, so der US-Sonderbeauftragte Brett McGurk: Alle Ziele seien erreicht worden.
Doch der Vormarsch kommt nur langsam voran, langsamer, als es sich irakische Regierungspolitiker, aber auch Militärfunktionäre vorgestellt hatten. Zu Beginn der Offensive hatte vor allem Othman Ghanem, der seit August Übergangsverteidigungsminister ist, schnelle Erfolge angekündigt: Man werde den Islamischen Staat in Mossul überrollen, bevor er in Aktion treten kann, sagte er vor eineinhalb Wochen im Staatsfernsehen. Mittlerweile bemühen sich seine Mitarbeiter, die Erwartungen zu dämpfen.
Denn das irakische Militär und die an seiner Seite kämpfenden Milizen stoßen immer wieder auf menschenleere Dörfer, in denen die Gegenwehr des Islamischen Staats vor allem aus Sprengfallen und Gräben besteht, die mit brennendem Öl gefüllt sind. Zudem berichten die Vereinten Nationen von Massakern, die der IS an der Zivilbevölkerung verübt. In einer Reihe von Ortschaften seien mehrere Hundert Leichen gefunden worden. Stellungnahmen in Medien, die mit dem IS in Verbindung stehen, deuten darauf hin, dass die Organisation dadurch Angst und Schrecken nicht nur in der Zivilbevölkerung in dieser Region, sondern auch beispielsweise im syrischen Rakka verbreiten will, gegen das sich die nächste Offensive richten könnte: Jedem, der die »Aggressoren« unterstütze, sei der Tod sicher, so die IS-Propaganda.
Gleichzeitig sollen wohl die Angehörigen von Militär und Milizen demoralisiert werden, die ohnehin schon mit einer schlechten Ausrüstung zu kämpfen haben, und überdies oft auch nur rudimentär ausgebildet sind. Sowohl die irakische Militärführung als auch die US-amerikanischen Verbündeten wehren dementsprechend auch alle Fragen zu Verlusten im Lager der Regierungstruppen ab; dazu habe man keine Informationen.
Problematisch für das irakische Militär ist aber auch, dass der IS in den vergangenen Tagen mehrmals Angriffe auf Orte in anderen Regionen verübt hat: Bei einem Angriff auf die kurdische Stadt Kirkuk kam es zu heftigen Gefechten; offiziell wurden 74 IS-Kämpfer getötet. Eine kleine Gruppe vom Dschihadisten fiel zudem in Rutba im West-Irak ein, und tötete fünf Zivilisten. Überdies geht auch eine Serie von Bombenanschlägen in Bagdad weiter, die kurz vor der Offensive begonnen hatte. Damit gerät Regierungschef Haider al-Abadi noch stärker unter Druck: Ohnehin schon gilt er in der Öffentlichkeit als unfähig, während seine Regierung als korrupt betrachtet wird. Dass er in der Nacht des Beginns der Offensive in Militäruniform im Fernsehen sprach, wurde in Bagdad mit Hohn und Spott aufgenommen. Die drastische Verschlechterung der Sicherheitslage hat die Kritik nun weiter verschärft.
In der Kritik steht auch die Beteiligung von schiitischen Milizen, die unter dem gemeinsamen Namen al-Haschd asch-Scha'bia, den Volksmobilmachungskräften, auftreten: Ihnen wird vorgeworfen, nach der Vertreibung des IS aus Tikrit im März 2015 Massaker an sunnitischen Zivilisten begangen zu haben. In der Offensive auf Mossul drängen sie offen auf eine stärkere Beteiligung an den Entscheidungen über die Zukunft der Stadt. Bei den sunnitischen Einwohnern stößt das auf wenig Gegenliebe.
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