Mit Strenge gegen Luftverpester

Zu viel Schadstoffe in niedersächsischen Städten - Grüne wollen mehr Umweltzonen, FDP verteidigt Sportwagen

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

Je geringer das Einkommen des Großstadtmenschen, desto größer kann sein Risiko sein, durch schlechte Luft krank zu werden, denn: Mehrfamilienhäuser mit niedrigen Monatsmieten liegen nicht selten an stark befahrenen Straßen, wo Besserverdienende nicht wohnen wollen und die Schadstoffbelastung der Luft besonders hoch ist. Etwa in Hannover in der von langen Mietshauszeilen gesäumten Friedrich-Ebert-Straße. Dort wurde 2015 im Schnitt eine Stickoxid-Belastung von 57 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft gemessen. Erlaubt sind nur 40 Mikrogramm.

Hannover gehört mit Oldenburg, Osnabrück, Braunschweig, Hildesheim, Hameln und Göttingen zu den sieben Städten in Niedersachsen, in denen 2015 die Grenzwerte bei Stickstoffdioxiden überschritten wurden. Das habe das Gewerbeaufsichtsamt als Luft-Überwachungsbehörde festgestellt, berichtete der SPD-Umweltexperte Frank Henning jetzt im Landtag. Hauptverursacher dieser Belastungen seien Kraftfahrzeuge.

Jenen Luftverpestern wollen die Grünen in Niedersachsen mit einem restriktiv klingenden Paket entgegen treten: Mehr Tempo-30-Zonen in den Städten sollen eingerichtet, »strengere Regeln« für die Zufahrt von »dreckigen Autos« in Innenstädte erlassen werden. »Strenger« müssten künftig auch die Auflagen bei Neuzulassungen von Autos mit Verbrennungsmotor sein, wünscht die Ökopartei. Zugleich mögen das Radeln und der öffentliche Nahverkehr besser gefördert werden. »Kleine Schritte« seien das, sagte Grünen-Fraktionschefin Anja Piel im Parlament. Aber die seien notwendig, denn: Die Luft in den niedersächsischen Städten sei zwar nicht die schlechteste, aber nicht für alle gleich gut. »Sie ist für die am schlechtesten, die sich nicht aussuchen können, wo sie wohnen«, so Piel.

Die »kleinen Schritte« mögen gut gemeint sein, doch dürften die Grünen der schwarz-gelben Opposition damit eine probate Wahlkampf-Keule in die Hand gegeben haben. Nach wie vor gilt der Pkw als ein »liebstes Kind« der Deutschen, und so werden CDU und FDP bis zur Landtagswahl 2018 wohl kaum eine Gelegenheit auslassen, den Bürgerinnen und Bürgern das Schreckgespenst von »Auto verbietenden Ökos« vorzugraulen.

Das begann bereits jetzt im Landtag. Martin Bäumer (CDU) bezeichnete die Vorschläge der Grünen als Teil einer ewigen Gängelei, welche »die Bürger satt haben«. Die gewünschten Verbote für Kraftfahrzeuge hätten die gleiche Qualität wie der Veggie-Day: »Reingeworfen ohne zu überlegen, und niemand will dem folgen.« Gero Hocker, Umweltexperte der FDP, meinte, ein Verschärfen der Umweltzonen würde böse Folgen haben. Etwa für Handwerker, die kein Geld für ein neues, schadstoffärmeres Firmenfahrzeug haben und demzufolge aus den gesperrten Bereichen keine Aufträge annehmen könnten.

Hockers FDP-Fraktionskollege Jörg Bode schimpfte: Nur weil es nicht in ihr Weltbild passe, wollten die Grünen nicht, »dass Menschen mit schönem schnellen Sportwagen fahren.« Bode: »Ich esse Schokolade und trinke Rotwein, weil es mir Spaß macht!!« Und wer GTI fahren wolle, weil es ihm Spaß mache, solle das tun.

Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne) ließ rasch eine Schachtel Schokolade besorgen, überreichte sie Bode und versicherte, keineswegs wolle ihm die Grünenfraktion jene Süßigkeit wegnehmen. »Und wo bleibt der Rotwein?«, rief jemand. Aber diesen seinen Spaßmacher bekam der FDP-Mann im Plenum nicht auch noch überreicht.

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