Der Erinnerer

PERSONALIE

  • Samuela Nickel
  • Lesedauer: 2 Min.

Es sei hilfreich, die eigene Geschichte aus einer Außenperspektive zu betrachten, sagte der Brite Neil MacGregor einmal. Nun beschäftigt er sich in Berlin mit dem Verhältnis von Deutschland zum Rest der Welt. Am Mittwoch stellte MacGregor sein Konzept für das Humboldt Forum im Berliner Schloss vor. Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) hatte den Museumsexperten bereits im April 2015 zum Leiter der Gründungsintendanz des Forums berufen. Zuvor war der 70-Jährige Leiter des British Museum und Direktor der Nationalgalerie in London gewesen. MacGregor handelte Prozesse des Erinnerns aus, anhand von Objekten und Geschichten, die vor dem Vergessen bewahrt werden.

Geboren wurde er 1946 als Sohn zweier Mediziner in Glasgow. Dem »Guardian« sagte MacGregor, seine prägendsten Kindheitserinnerungen seien der Zweite Weltkrieg und seine Folgen gewesen. Einen Bezug zu Deutschland hat er schon seit 1962, als 16-Jähriger besuchte er für mehrere Monate eine Oberschule in Hamburg. 2014 veröffentlichte der Kunsthistoriker sein Buch »Deutschland: Erinnerung einer Nation« mit einer dazu gehörenden Ausstellung.

Als Leiter der Gründungsintendanz verhandelt er nun Reminiszenzen aus der deutschen Geschichte in einer postkolonialen Welt. Im Humboldt Forum sollen dazu Sammlungen außereuropäischer Kunst aus dem Ethnologischen Museum in Dahlem gezeigt werden. MacGregor kündigte an, aus der Kolonialbeute der Dahlemer Sammlungen einen offenen Dialog der Weltkultur zu schaffen. Allerdings wurden bereits Ausstellungen des British Museum unter seiner Leitung für ihre eurozentristische Perspektive kritisiert. Ähnliche Forderungen werden von Kritikern auch an das Humboldt Forum gestellt: Koloniale Beutekunst soll an die Ursprungsländer zurückgegeben werden.

Neil MacGregor beschäftigt sich mit der Kunst des Erinnerns. Vielleicht bräuchte das Humboldt Forum aber eher jemanden, der sich mit den Prozessen des Aufarbeitens und Entschädigens auskennt.

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