Am Rande des rechtlich Zulässigen
Polizeigewalt gegen Demonstranten vor Kieler Innen- und Rechtsausschuss
Bei Polizeieinsätzen in Schleswig-Holstein im Zuge von Demonstrationen gehen uniformierte Beamte wahrlich nicht zimperlich vor. Manchmal bewegt sich ihr Vorgehen sogar am Rande des rechtlich Zulässigen.
So gab es bei der Räumung des linksalternativen besetzten Wohn- und Kulturprojekts Luftschlossfabrik in Flensburg Anfang Februar polizeiliche Schläge und Tritte gegen Protestierende einer Spontandemonstration, die in einem Video festgehalten und dann ins Internet gestellt wurden (das »nd« berichtete). Beim Betrachten der Bilder kamen selbst Polizeiverantwortlichen Zweifel, ob es sich bei dem Vorgehen in Flensburg um einen korrekten und verhältnismäßigen Einsatz gehandelt hat. Daher wurde von der Polizeiführung selbst eine Anzeige gestellt, die damit die Staatsanwaltschaft auf den Plan rief.
Der gezeigte Videoclip spricht eigentlich für sich, doch seitens der Polizeieinsatzleitung wurde immer darauf hingewiesen, dass es sich hier nur um einen Ausschnitt aus einem gefilmten Gesamtlagekomplex gehandelt habe und man auch noch Vor- und Nachgeschichte des Kurzclips kennen und bewerten müsse.
Die Staatsanwaltschaft hatte das anhängige Ermittlungsverfahren gegen mehrere beteiligte Polizeikräfte inzwischen jedenfalls eingestellt. Das wiederum veranlasste den gelernten Juristen und Landtagsabgeordneten der Piratenpartei Patrick Breyer dazu, das Thema auf die Tagesordnung des Kieler Innen- und Rechtsausschusses zu setzen.
Unter anderem wollte Breyer damit erreichen, dass die Ausschussmitglieder noch einmal vorhandenes Videomaterial in Augenschein nehmen. In der Sitzung wurde dann seitens des Justizministeriums mitgeteilt, dass das Verfahren noch nicht abgeschlossen sei, weil gegen die Einstellungsverfügung Beschwerde eingelegt wurde. Diverse Verfahren gegen Demonstranten und Luftschlossfabrik-Unterstützer sind ebenfalls noch am Laufen.
Aus allen anderen Fraktionen im Ausschuss wurde Breyers Vorstoß allerdings getadelt, weil diese ihm unterstellten, er wolle trotz des Gebotes der Gewaltenteilung womöglich eine parlamentarische Justizschelte auf den Weg bringen.
Das rabiate polizeiliche Auftreten von Flensburg ist beileibe kein Einzelfall im nördlichsten Bundesland. Im Verlauf von Protesten gegen einen Aufzug von Neonazis am 22. Oktober in Neumünster wurde einem Gegendemonstranten durch Tonfa-Schläge eines Ordnungshüters die Hand gebrochen. Eine Kamera hat dies jedoch nicht bildlich festgehalten.
Antifaschisten sprachen von einem äußerst aggressiven Verhalten der Polizei an diesem Tag. In der polizeilichen Pressemeldung tauchte besagter Vorgang überhaupt nicht auf. Ein örtlicher Polizeisprecher sagte vielmehr, es habe keinerlei Zwischenfälle von Belang gegeben.
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